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ANGST UND WAHN IN DER ERSCHEINUNG

„Der Mensch ist sich bewusst, dass er endlich ist, eine Mischung aus Sein und Nichtsein, und hat deswegen Angst. Diese ontologische Angst kann nur in den Mut zum Sein hinein genommen werden in der Gewissheit, dass die Macht des Sein-Selbst dem Nichtsein überlegen ist.“[1] 

Von Anton Bruckner wissen wir jetzt, dass er sehr gläubig gewesen ist, obsessiv sollen seine Gedanken um den Tod gekreist haben. Ja, das bestätigt sein Horoskop, können wir einwerfen. Er war viel weniger der Musikant Gottes, als der er uns oft beschrieben wird, denn er hat seinen Zweifeln mit Anbetung zu begegnen versucht. Und dann wird schließlich doch noch von seiner Angst geschrieben: die Angst vor der Unermesslichkeit [3] heißt ein Buchtitel von Klaus Heinrich Kohrs (2017).

Dies ist natürlich nicht das Buch von KOHRS, sondern der Band, in dem man das Angst-Kapitel wiederfindet.

„Aus Angst lebt man nicht das Wahre, sondern das Richtige.“[2]

„Kunst entsteht nicht aus der Ergebung in fromme Kontemplation dogmatischer Inhalte, sondern auf der Schwelle zum Unausdenkbaren, auf der es sich mit allen Kräften des Ichs zu halten gilt.“[4]

In diesem Zusammenhang könnte ich den Psychoanalytiker Fritz Riemann (eine Jungfrau vom 15. September, geboren 1902 in Chemnitz) und die „Grundformen der Angst“ heranziehen. Koinzidenz: in verschiedenen Quellen findet sich seine Geburtszeit mit 3:45 Uhr angegeben. Damit errechnet sich ein AC von 29.45° Löwe, eine Sonne in 2 und ein Mond als Verbundanführer in Wassermann im 6. Haus. Noch einer, der den kurzen Weg vom IV. Quadranten in die Erscheinung geht und Gestalt auslässt?

Fritz Riemann, geb. 15.9.1902 um 3:45 Uhr in Chemnitz (Quelle: verschiedene)

Riemann nimmt vier „menschliche“ Bewegungen unbewusster Triebkräfte und latenter Erfordernisse an, die sich jeweils als Ängste unseres Lebens manifestieren und sichtbar werden:

  • die Angst vor der Selbsthingabe, als Ich-Verlust und Abhängigkeit erlebt
  • die Angst vor der Selbstwerdung, als Ungeborgenheit und Isolierung erlebt
  • die Angst vor der Wandlung, als Vergänglichkeit und Unsicherheit empfunden
  • die Angst vor der Notwendigkeit, als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt

Astrologen werden schnell erkennen, dass seine Einteilung der Angsttypen den Elementen Luft, Wasser, Erde und Feuer entspricht bzw. dass das Thema Saturn angesprochen ist, auch wenn der Planet an keiner Stelle explizit genannt wird.

Angst entsteht, wenn die Unvollständigkeit ausgeschlossen wird und wenn der Schmerz als die Erfahrung der Unvollständigkeit verhindert oder abgelehnt wird. [5]

Auch Fritz Riemann ringt mit einer Grenze, über die er immerfort transitieren muss. – Sein Saturn steht wie bei Bruckner im 5. Haus und „stutzt“ die „Lebenstriebe“ des Ich auf das Maß seiner Bestimmung. Der Mond als Anführer seines Sonnenverbundes steht im 6. Haus und im Wassermann: Mond-Uranus bedeutet u.a. die Flucht aus dem dualen Erleben, damit die Fähigkeit zum Absehen von sich selbst. Das kann jedoch auch die Abwehr des Subjektiven und die Unberührbarkeit bedeuten mit der Schwierigkeit, sich von dem Übergriff der Mütter bzw. des Mütterlichen freizumachen. Diese Befreiung würde bedeuten, ins eigene Leben treten zu müssen, sich an ihm „schmutzig“ zu machen.

Riemanns Neptun steht in 11 auf 3.3° Krebs und will zum Pluto gelangen. Dort wird geprüft, ob wirklich das Wirkliche oder stattdessen das subjektiv vereinnahmte Wirkliche als Modell weiter getragen wird. Neptun-Pluto, die Reinhaltung des Prinzips als Vorstellung. Schwierig, kommt doch der Pluto aus 4 und spricht von familiären „Leichen im Keller“, dem Verbot, Leben zu schenken, ein Ich zu werden. In Opposition zu Uranus in 4 wird das noch bekräftigt: die Verdrängung der Herkunft. Was war da los, im Zuhause? Mars steht in 12 im Löwen, Hinweis auf ein fehlendes Männerbild, den Vater, der einen nicht versteht. Der Vater starb, als Riemann 10 Jahre alt war. Die Mutter weigerte sich, seinen Tod zu bearbeiten. Sie hatte vor den drei Söhnen zwei Fehl-/Todgeburten erlebt. Der Tod war im Hause Riemann wohl gegenwärtig.

„Der zwanghafte Mensch strebt die Dauer an, möchte sich in dieser Welt häuslich niederlassen und die Zukunft planen. Sein Wunsch ist eine feste, verläßliche, Zukunft. So wie die Zentripetalkraft möchte er alles verdichten, auf das es sich nicht mehr bewegt, damit eine Stabilität gegeben ist. Seine Angst betrifft die Vergänglichkeit, das Irrationale und Unvorhergesehene. Alles Neue ist für ihn ein Wagnis und planen ins Ungewisse ist ihm ein Greuel. In seinem Erleben ist die Vergänglichkeit gleich einem Tod.“ [6]

Anders als Fritz Riemann geht Paul Tillich als Löwe und Theologe von der „Glaubensseite“ an die Angst heran. Der Mensch Tillich wurde  am 20. August 1886 geboren. (Offiziell –  Quelle hier – wird ihm eine Geburtsstunde von 00.30 Uhr berechnet. Das ergibt einen Krebs-AC.) Wir erinnern uns – 1886 war jenes Jahr, in dem Ludwig, II. von Bayern starb und Anton Bruckner die ihm gewidmete 7. Sinfonie nicht mehr überreichen konnte.

Paul Tillich, geb. am 20.8. 1886 in 
Starzeddel, Landkreis Guben, AC von mir einmal alternativ angenommen.

Tillichs Horoskop zeigt ein Sonne-Neptun-Quadrat vom Löwen in den Stier, die Sonne auf einem GSP Sonne-Jupiter, der Neptun im Spiegelquadrat zu Mond und Mars und Spiegelopposition zur Venus. Der Mond als Verbundsanführer steht auf 29.7°Widder und in direkter Opposition zu Mars. Das Leben beginnt mit einer Gefährdung, und das Erleben der Gestalt muss sich weiter tarnen und sich der Regelungen der Gemeinschaft vergewissern. Uranus und Jupiter verbindet eine Konjunktion – „dazwischen“ fehlt der Saturn. Der Eintritt in die eigene Bestimmung ist verwehrt – Saturn steht im Krebs. Tillich soll ein schwieriges Verhältnis zu Frauen gehabt haben. 

Gefragt, ob er die Entwicklung seiner Gedanken aus seinem Leben heraus aufschreiben wolle, soll er entdeckt haben, dass der „Begriff der Grenze“ sich eignete, Symbol für seine ganz persönliche und geistige Entwicklung zu sein:

„Fast auf jedem Gebiet war es mein Schicksal, zwischen zwei Möglichkeiten der Existenz zu stehen, in keiner ganz zu Hause zu sein, gegen keine eine endgültige Entscheidung zu treffen.“ 

Also auch er ein Grenzgänger, 1936 erschien sein Buch „Auf der Grenze“.

Ihn beschäftigte sowohl in seinem Fach Theologie als auch in der Philosophie der Verlust der Sprache. In „Die verlorene Dimension“ betrachtet Tillich den Satz „Gott hat uns seinen Sohn gesandt“. Das Wort „hat“ impliziert ihm Zeitlichkeit – doch Gott sei über unserer Zeitlichkeit, obwohl er nicht über jeder Zeitlichkeit sei. Der Satz enthält für ihn die „Metapher des Raumes“. „Senden“ bedeutet, dass man jemanden von einem Ort zu einem anderen schickt, ihn bewegt. Da das Senden beendet ist, abzulesen am Perfekt (das genau genommen ein Im-Perfekt ist), dann bedeutet das, dass Gott etwas verursacht hat, was noch andauert. 
Tillich wörtlich:

„Gott ist damit der Kategorie der Kausalität unterworfen. Und wenn wir schließlich von ‚ihm und seinem Sohn‘ reden, so sprechen wir damit von zwei verschiedenen Substanzen und wenden damit die  Kategorie der Substanz auf ihn an.“ 

Sprache beschreibt und schafft Wirklichkeit – ist Tillichs Schlussfolgerung [7]:

„Wenn es uns gelingt, den heutigen Menschen klarzumachen, daß wir symbolisch sprechen, wenn wir die angegebenen Ausdrücke benutzen, werden sie uns mit Recht ablehnen als Menschen, die noch in abergläubischen und absurden Vorstellungen leben.“

Tillichs Symbolbegriff [8] gehört zu den Fundamenten seiner Theologie, deren Umfang ich hier nur andeuten kann. Kritiker Tillichs meinen, sein Symbolbegriff verflüchtige die reale Wirklichkeit [9] zur bloßen Bedeutung. Denn das Symbol sei in jedem Fall weniger als die buchstäbliche Aussage. Lassen wir uns nicht verwirren.  Das Wort Symbol – kann man dem entgegensetzen, und haben u.a. seine Mitdenker entgegnet – habe einen größeren Anteil an der gemeinten Wirklichkeit als das buchstäblich verstandene Wort. Es handele sich um eine Wirklichkeit, die alle begrifflichen Möglichkeiten überschreitet. [10]

Das klingt sehr nach einer Verbindungvon Haus 11 nach Haus 3 – Wassermann und Zwilling – zwei Luftzeichen. Ich tendiere dazu, Tillich die Sonne ins 9. Haus zu schreiben – mit der Sonne-Merkur-Konjunktion im Löwen und der Grenze am MC: die Jungfrau schaut in den IV. Quadranten hinein, nimmt dort Wirklichkeit „wahr“ – soweit ihre Sinneninstrumente gereinigt und nichtkontaminiert sind, und berichtet von den Auswirkungen auf das Leben.

Der Skorpion-AC legt nahe, dass im 4. Haus der Fisch steht – Neptun in 7, ebenso wie Herrscher von 1 in 7 steht: Systematische Theologie. Pluto in 7 ist die Maske des Unbewältigten, das ins öffentliche Bewusstsein tritt. Er interpretiert Symbole in rationalen Begriffen. [11] 

Im Krebs und auf dem GSP 17,5° alias Mond-Saturn steht Tillichs Saturn. Das bringt uns zur Angst zurück. Tillich geht von drei Typen von Angst (nicht im psychologischen, sondern im ontologischen Sinne) aus, von denen jeweils ein Typ in einer bestimmten Epoche der Gesamt- wie auch der Kirchengeschichte vorherrschend ist:

  1. In der Alten Kirche: Die Angst vor Schicksal und Tod; Hoffnung auf Erlösung und Unsterblichkeit, Betonung der Realität des leiblichen Sterbens und der Auferstehung des Leibes.
  2. Im Mittelalter und in der Reformationszeit: Die Angst vor Schuld und Verdammung; „Wo Vergebung der Sünde [12] ist, da ist auch Leben [13] und Seligkeit.“
  3. In der Neuzeit: Die Angst vor Leere und Sinnlosigkeit; Erfahrung des Nichts und der Leere, Frage nach dem Sein und nach dem Sinn.

Den „Mut zum Sein“ gewinnt einer dann, wenn die Trennung der göttlich-menschlichen Begegnung im Sinne des Subjekt-Objekt-Schemas und die mystische Gottesbegegnung aufgehoben ist. Das aber geht nur über den „absoluten Glauben“, der über das Hindernis des Zweifels hinweg sowohl die Mystik als auch die göttlich-menschliche Begegnung transzendiert.

Der absolute Glaube übersteigt den personalistischen Theismus, den Atheismus sowie die Mystik und glaubt an den „Gott über Gott“, an den Gott, der mehr ist als eine Person, mehr als etwas, womit ich mystisch verschwimmen kann und an den ich auch glauben kann, wenn ich vom radikalen Zweifel an Gott ergriffen bin.

Der absolute Glaube „ist kein Ort, an dem man leben kann; er ist ohne Sicherheit, die Worte oder Begriffe vermitteln, er ist ohne Namen, ohne Kirche, ohne Kult, ohne Theologie.“

Der absolute Glaube ist in der Tiefe von allen wirksam und ist die Macht des Seins, an dem sie alle partizipieren und dessen fragmentarische Ausdrucksformen sie sind.

„[…] Der Mut zum Sein gründet in dem Gott, der erscheint, wenn Gott in der Angst des Zweifels untergegangen ist“ [14] 

Nach Tillich wird die Angst durch die Bedrohung des Nichtseins hervorgerufen, am deutlichsten in der Angst vor dem Tod, als dem Nicht-mehr-sein der Person als solcher, aber nicht minder in der Angst vor Sinnlosigkeit und Verdammung, als dem Nicht-mehr-sein der geistigen bzw. moralischen Person. Diese Ängste gehören zum menschlichen Dasein und der Tod wird keinen von uns vergessen, die Sinnlosigkeit ist der Schatten allen menschlichen Tuns, die Verdammung droht jedem, der an seiner Bestimmung scheitert.

Die Ängste vor Tod, Sinnlosigkeit und Verdammung haben ihre abgeschwächten, relativen Formen in den Ängsten vor Schicksal, Leere und Schuld, mit denen anfängt, was in jenen endet. Am Ende der Angst steht die Verzweiflung, eine Grenzsituation, ohne Ausweg in die Zukunft und ohne Hoffnung, dem Nichtsein noch etwas entgegensetzen zu können. [15]

Der Mut hingegen stellt sich der Angst, in ihm äußert sich die Kraft der Selbstbejahung, die wiederum eine Äußerung der Macht des Sein-Selbst ist. Der Mut hat insofern neben der moralischen auch eine ontologische Bedeutung, er ist, als Mut, nicht nur Tugend, sondern darüber hinaus, als Selbstbejahung, wesentlicher Ausdruck der Struktur des Seins.

Durch die Selbstverneinung hindurch erst kommt man über das Ja zum eigenen Sein ins Leben. Damit es gelingt, aus der Krise (in der Entfremdung von sich selbst und von anderen) herauszukommen, muss man diesen einen Moment der Entscheidung durchschreiten und aus dem Nein ein Ja werden lassen. Ob es dann sofort besser wird – das Leben? Nein, es wird nicht schlagartig besser, aber die Richtung hat sich geändert, und darauf kommt es an. In dieser Entscheidung wird der Mut geboren. Er ist nicht vorher da – Ja zum Leben zu sagen ist noch nicht Mut – es ist Notwendigkeit, um überhaupt sein zu können.

Die Selbstbejahung des Sein-Selbst [16] (so bei Tillich) ermöglicht denn auch erst den Mut zum Sein, der als Selbstbejahung des Menschen wesensmäßig zugleich den Mut, man selbst zu sein als auch den Mut, Teil eines Ganzen zu sein, umfasst, denn das menschliche Selbst ist nie ohne eine Welt, dessen Teil es ist.

Gelingt dies nicht – und es wird immer wieder Tage und Phasen geben, in denen man versucht wird (die Planetenstände oder Auslösungen das Thema nochmals aufwerfen) – sind die Ängste vor Tod, Sinnlosigkeit und Verdammung wieder da, sie rufen einander hervor und stellen einen an den Abgrund der Verzweiflung. Doch wer verzweifelt, kündet immer noch von der Macht des Seins, denn es muss jemand noch sein, um verzweifeln zu können.

Der absoluten Bedrohung durch die dunkle Seite des Sein-Selbst – die Antwort auf die Verzweiflung der Selbstmord oder die Selbstelimination im gesellschaftlichen Selbstmord – widersteht der absolute Glaube, der sich trotz Verzweiflung und Sinnlosigkeit von der Macht des Sein-Selbst bejaht weiß.

Eine Bejahung, die noch durch die Zerstörung des Nichtseins hindurchdringt und damit bezeugt, dass das Sein-Selbst das Nichtsein in Ewigkeit überwindet, schafft es, der Verzweiflung zu widerstehen. Entspricht in diesem Bild die Verzweiflung dem dunklen Pol der Übergottheit, dann entspricht die Freude dem hellen Pol der Liebe und Selbstbejahung.

Wie sah es aus mit Bejahung bei Anton Bruckner? Er starb an – so die offizielle Angabe – Herzversagen bei Herzinsuffizienz. Das Herz – Löwe, Sonne – wie gesehen Sitz des Ich. Anton Bruckners Verhältnis zu Gott war keine Liebesgeschichte. Und die Liebe war so gar nicht in sein Herz eingezogen. In den letzten Lebensjahren litt Bruckner an Diabetes mellitus, einer Leberzirrhose [17], an Ödemen. Er konnte kaum noch laufen vor lauter Wasser in den Beinen und auch die Atemnot stammte daher. Wie kann ein solcher Mensch und zudem unter panischer Angst vor dem Tod eine 9. Sinfonie glücklich zuende bringen?

Herrscher seines Haus 5 (Schütze an der Spitze) ist Jupiter im Löwen in Haus 12. Jupiter-Sonne schafft Großes, Erhabenes, Bombastisches; Neptun-Jupiter sehnt sich, doch ein Prinzip kommt hier nicht zum Ursprung. Stattdessen wird die Fata Morgana Erscheinung, aber nicht Gestalt (Mariaerscheinung der Bernadette von Lourdes). Rückseiten sind Neptun-Mond und Mars-Mond. In der Lücke steht Saturn-Uranus, die als Regelung und Vollzug einer Form auftreten (Merkur-Venus). Das Kloster ist eine Isolationserscheinung.

Nie hatte er je für eines seiner Werke auch nur einen Kreuzer Honorar erhalten (vgl. Bekh, S. 428ff) und alle Partiturdrucke aus eigener Tasche bezahlt hatte. War er ausgesöhnt?

Diese Frage ist von geringer Relevanz. Erinnern wir uns lieber der Grenze, welche Bruckner (und noch andere seines Sonnenstandes) zu überqueren und im Vor und Zurück aus dem I. in den IV. Quadranten und umgekehrt zu ertragen hat. Fragen nach dem Sitz der Seele, nach dem Anfang und dem Ende des Lebens, das Begreifen seiner Extremsituationen stehen hinter allem. Die Überwindung des Subjektiven in seiner Verneinung bedeutet mitnichten, dass Bruckner ein Mystiker war. Dass er ein absolut „Gläubiger“, Glaubender war, spricht ebenfalls nicht dafür. Eher war er einer, der unbedingt „glauben“ musste, der an den Gott glauben wollte, weil er ein Zweifler war – ein Saturn-Merkur ohne Gewissheit.

„… Als unerbittliche Antwort auf sehnsüchtiges Erflehen der Verklärung künden erschütternde Aufschreie des vollen Orchesters die Not eines mit dem Tode Ringenden. Von den entsagend absteigenden Sextharmonien der Hörner und Tuben sagte Bruckner, sie seien sein Abschied vom Leben.“ [18]

Bruckners nicht erhörtes Flehen um die Vollendung des Abschiedswerks hat späteren Generationen den Trotz eingegeben, von einem „abwesenden Gott“ zu sprechen. Aber wieso Trotz? – Hat nicht jeder irgendwann an Gott gezweifelt: Wie kann er allmächtig und gut sein, und doch den Einzelnen nicht erhören, sondern ihn ignorieren oder: Wie kann er zulassen, dass es das Übel in der Welt gibt – ist er etwa schwach und missgünstig?

Das Leben, das Sein und das Ende. In den Zeichen des II. Quadranten hat der Mond die entscheidende Rolle inne. Krebs ist das Anfangszeichen, und der Mond ist die Ebene, auf der alles beginnt – und endet.

Am 11. Oktober 1896 verstarb Anton Bruckner, am 13. Oktober wurde sein Tod in der Presse bekanntgegeben. Der Nachruf:

„Ein langes Menschenalter ist er durch die Welt gewandert, ohne mit ihren Formen vertraut zu werden. […]“

Nachmittags desselben Tages wurde sein Leichnam injiziert und präpariert, abschließend für die Öffentlichkeit aufgebahrt.


[1] Paul Tillich DD  (II 41)

[2] WD, Die belegte Gegenwart

[3] Und noch einmal ein Seitenschritt zu Friedrich Nietzsche, der eine Waage-Sonne im 11. Haus hat und aus dem I. Quadranten in den IV. (umgekehrt Bruckner) hineinläuft. Ein Sextil von Pluto und Neptun und eine Sonne in Opposition zu Pluto in 5: Buchtitel: Der ängstliche Adler. Friedrich Nietzsches Leben, von Werner Ross.

[4] Kohrs, Klappentext

[5] Aus meinen Notizen zu „Modelle des Gegenwartslosen“, WD

[6] Stangl, W. (2018). Grundformen der Angst. Lesen wir das einmal in Hinblick auf Anton Bruckner.

[7] Paul Tillich: Auf der Grenze.Aus dem Lebenswerk Paul Tillichs, Ev. Verlagswerk Stuttgart, 1962 und Werk und Wirken Paul Tillichs: Ein Gedenkbuch. Mit der letzten Rede von Paul Tillich, Ev. Verlagswerk Stuttgart, 1967. 

[8] „Symbol“ nach Wolfgang Döbereiner steht dazu im Gegensatz: Zeichen, Gleichnisse und Symbole stehen dem Mythos gegenüber. Sie machen das Verlorengegangene zu Zweck und Absicht. Die Folge sind Esoterik, Rosenkreuzer etc. WD, Die Erscheinung in der Gestalt des Mythos, Seminare, Band 24

[9] Zwischenfrage: Gibt es reale Wirklichkeit?

[10] Für Tillich hat damit das Symbol einen umfassenderen Anteil an dieser Wirklichkeit als das begriffliche Zeichen.

[11] Natürlich muss das Horoskop noch ganz genau verifiziert werden, meine Einschätzung ist grob, mit wenigen Ereignissen aus Tillichs Leben nachgerechnet: in den Jahren um 1925-1933 könnte er über Neptun und Pluto gelaufen sein, was die Häuser 1 und 4 ins Spiel bringt: Entlassung aus dem Staatsdienst und Verlassen Deutschlands, 1936 „obenherum“ auf dem Mond, Publikation „Auf der Grenze“. Im Krebs und auf dem GSP 17,5 alias Mond-Saturn steht Saturn. Das bringt uns zur Angst zurück.

[12] Der Begriff „Sünde“ steht in großer Nähe zum Ausdruck „Entfremdung“. Die traditionellen Topoi der Sündenlehre sind „Unglaube“, „hybris“ und „Konkupiszenz“.  Aus: Tillich-Lexikon, Grundbegriffe der SYSTEMATISCHEN THEOLOGIE

[13] „Leben“ ist der Prozess, indem potentielles Sein zu aktuellem Sein wird (I 280). Der Lebensbegriff vereinigt zwei Hauptqualitäten des Seins, das Essentielle und das Existentielle, dies ist die Wurzel seiner Zweideutigkeit (III 21). Der Lebensprozess schwankt zwischen dem Möglichen und dem Wirklichen (III 55); Schöpfung und Zerstörung in allen Lebensprozessen ist eine fundamentale Erfahrung allen Lebens (III 67). Aus: Tillich-Lexikon, Grundbegriffe der SYSTEMATISCHEN THEOLOGIE

[14] (GW XI,138f.). DD

[15] Furcht spielt in diesem Drama eine Nebenrolle, sie bezieht sich stets auf ein konkretes Objekt, das durch seine Konkretheit zugleich einen Hinweis darauf gibt, wie ihm begegnet werden kann. Zwar ist auch sie nur möglich, weil in ihrem Hintergrund die Angst vor dem Tode lauert, doch als Furcht ist sie gleichsam eine Maskierung der Angst, ein Mittel, sie zu umgehen.

[16] Das S.-Selbst ist die Macht des Seins und kann als solche keinen Anfang und kein Ende haben, sonst wäre es entstanden aus dem Nichtsein. Sein geht dem Nichtsein aber ontologisch voraus (I 222). Das S.-Selbst steht jenseits von Endlichkeit und Unendlichkeit (I 275).

Das S.-Selbst manifestiert sich dem endlichen Sein in dem unendlichen Streben des Endlichen über sich hinaus. Den Menschen geht das unbedingt an, was über sein Sein und den Sinn seines Seins entscheidet. Dieses Letzte ist für die Philosophie das S.-Selbst, das esse ipsum, über das das Denken nicht hinausgehen kann. Es ist die Macht des Seins, an der alles Seiende teilhat (I 267).

[17] Die Leberzirrhose hat in der MRL den Saturn-Neptun als Voraussetzung. In der Rückseite ein Mars-Merkur: es fehlen sowohl der Uranus als auch die Venus – in Belangen des Geflechts fehlt die Berechtigung für die Zugehörigkeit. Der Mars-Merkur zeigt sich in einem ständigen Schimpfen über die nicht stimmige Ausübung, eine, die ihrem Prinzip nicht entspricht.

[18] Bekh, S. 441

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