„Wann kommt die Flut – über mich?
Wann kommt die Flut – die mich berührt?
Wann kommt die Flut – die mich mit fortnimmt?
in ein anderes großes Leben – irgendwo.“– Refrain, Originalauszug aus „Wann kommt die Flut? –
Tja, sie war bereits da, denke ich, ziemlich genau mit der Pluto-Saturn-Konjunktion im Steinbock. Aber das kann man auch anders deuten. Es sind nämlich mehrere Wellen in einer Flut vereint, und manchmal ist auch Licht dabei, dafür dann weniger Wasser… ein wenig vielleicht noch. Im Großen und Ganzen scheint ER (der gesamte Kosmosplan) aber auf ein mehr Körperliches (Dichtes, Bodennahes) hinauszulaufen, und die Leute starren von innen nach außen, von unten nach oben und suchen das Licht dort, wo es dann weit von ihnen entfernt flackert – nur nicht da, wo sie sind. Höhlen-Gleichnis, ist schon klar, oder?

Die Sonne ist an jenem Tag von Uranus (8°23′ Wassermann) und Neptun (29°47′ Steinbock) flankiert. Der Lichtstrahl der Sonne fällt also auf einen Neptun-Uranus, Kennzeichen dafür, dass hier eine Wahrheit zu heben ist, die schmerzhaft zwar, sich in gegenseitigem Einvernehmen von Neptun und Uranus versucht, sich zu entbergen. Klingt immer so erhaben, wenn das so formuliert wird. Jeden Tag versuchen immer wieder kleine verborgene Wahrheiten sich zu entbergen, und werden sofort ins Dunkel geschickt. Das geschieht reflexhaft. Die Wahrheit, um die es geht, ist auch zu ungeheuerlich. Es ist die der Sterblichkeit des Lebens. Wer hat sich nicht schon einmal ans Fenster gestellt, auf eine Landschaft geschaut, bei der einem das Herz aufgeht, und dabei ausgesprochen: Ich bin sterblich. Mein Leben ist endlich? Gerade wenn das Leben am vollsten und erfülltesten ist, ist die Erkenntnis, dass es enden könnte, eine, die am meisten Mut erfordert. Gut, ein Tag, an dem eine Erkenntnis (und sie will ja schon länger in die Welt: die exakte Konjunktion der beiden war am 25.10.1993, 7:00 Uhr, auf 18° Steinbock) sich offenbaren will. Darf sie?
Vor der Flut kommt nun allerdings zunächst anderes. Nämlich die Abwesenheit von Wasser. Im Horoskop von oben sehen wir den aufsteigenden Mondknoten in der Jungfrau und einen Pluto in Schütze, die sich bis auf 4° zu einem Quadrat angenähert haben. Es dauert noch 12 Jahre, bis sich der Mondknoten und Pluto im Steinbock und auf 3°38′ Steinbock in einer Konjunktion treffen (s. Horoskop nebenstehend). Auch diese Konjunktion eine weitreichende, und deshalb auch gerne ausgeblendete Konstellation, die einen Zyklus andauernder Transformation bedeutet. Nun gut, wir transformieren uns ständig; große Häutungen, kleine Häutungen, kleine Tode, mittelkleine Tode… Über Pluto-Mondknoten-Zyklen werde ich noch schreiben; mit Zyklen allgemein ist es so, dass es vier Phasen gibt: das erste Viertel nach der Konjunktion baut die Thematik zunächst einmal auf. Die Wirkung des Inhalts wird sich nicht sofort zeigen, aber sie ist angesetzt (ist wie ein Hefeteig, der ruht und in Ruhe aufgeht). Mit der Opposition der beiden Prinzipien in der Mitte des Zyklus entfaltet sich die volle Wirkung, während im letzten Viertel quasi der „aufgegangene“ Teigling gebacken und einem neuem Zyklus (der Prozess des Werdens ist abgeschlossen) zugeführt wird.

Der Pluto-Mondknoten-im-Steinbock-Zyklus dauert an die 242 Jahre, d.h. der, in dem wir uns zur Zeit befinden und der sich noch im ersten Viertel bewegt, hat einen Zyklus aus dem 18. Jahrhundert abgelöst. Dass unser laufender Gesellschafts-Transformations-Zyklus (vielleicht sogar Weltordnungszyklus) sozusagen „on-top“ noch einen Pluto-Mondknoten-Zyklus im Wassermann ab 2027 trägt, lässt einiges erahnen.
1768 – um exakt zu sein: am 15.8.1768 um 9:00 Uhr MEZ (auf Berlin) – kamen sich Pluto (bis dahin noch unbekannt, auch dazu komme ich noch!) und der errechnete mittlere Mondknoten auf 11°36/35′ im Steinbock am nächsten. Steinbock am IC – die Konjunktion im 4. Haus.
Entdeckt wurde Uranus am 13. März 1781 – in den Vorwehen der Französischen Revolution und 13 Jahre nach Beginn des Großen Mondknoten-Pluto-Zyklus – und brachte (er stand in den Zwillingen) die industrielle Revolution, als eine Art „Atemhauch des Prometheus“ zu den Menschen.
Lt. Astrodata hat die Entdeckung einen Skorpion-AC und eine Uranus-Opposition (aus Haus 8) zu Mars und Saturn in Haus 2: Uranus bringt „Licht“ in das 8. Haus (Skorpion damals noch unter dem Herrscher Mars) – und bestrahlt gleichzeitig die Sonne in Haus 4. Mit Uranus kam aber auch die Spannung – der bis jetzt „unbewusste“, in sich und mit sich identifizierte Lebensausdruck wurde aus sich selbst heraus und in die Polarität geworfen. In der Folge war die Spaltung in der Welt. Dualität ist dagegen einfach zu handhaben – aber die wurde jetzt abgelöst. Der Kampf gegen die Bestimmung und die Zerstörung des „Sonnen-Ichs“ nahmen den Anfang. Herrscher von 10 (Löwe-Sonne) in den Fischen und in Haus 4: Mit der eigenständigen maßstäblichen Ausdrucksform identifiziert man sich seelisch (geordnete Seele) – man macht sich selbst zum Himmel?
Man hätte den soeben entdeckten Planeten ebenso gut nach dem Titanen Prometheus benennen können, aber dann hätte die Parallele zu Gäa in der MRL nicht gepasst. Besonders Prometheus bildet ab, wofür Uranus steht: mythische Personifikation von Rebellion, Revolution, technologische und kulturelle Innovation und das Streben nach Freiheit und Veränderung.[1] Um es nicht zu weit zu treiben – nur noch dies: Sicher ist, dass sich, als Uranus auftauchte, ein neues Verständnis von der Individualität (allgemein, aus bestimmten psychologischen Schulen auch als EGO bezeichnet) am Horizont abzeichnete. Man nahm eine Position außerhalb von sich selbst und seiner Subjektivität ein, entfernte sich von sich. Ist das das Kennzeichen von Individualität? Die paradoxe, bipolare Natur der uranischen Schöpfung stürzte alsbald das individuelle, jetzt mit „kosmischer Macht“ ausgestattete Ego-Ich aus seiner geschlossenen Identität mit sich selbst in eine absolut und rational bestimmte Welt. Was geschieht dann? Dieses absolute individualistische Ich (Löwe gegenüberliegend – der König in sich selbst) wartet seitdem als sich entfremdetes, „postmodernes“ Daseins-Ich (Geschehen des eigenen Lebens) auf eine Wiedergeburt. Sonne-Uranus – hält sich selbst für den Schöpfer und ist doch zutiefst unheil.

Entdeckung von Uranus am 13.3.1781 in Bath
Die „Aufklärung“, deren Hochzeit um 1768 gewesen sein dürfte, brachte die nordamerikanische Unabhängigkeit mit sich (1776), gipfelte in Europa in der französischen Revolution und erfüllte ein Leitbild: dass die Vernunft als universelle Urteilsinstanz althergebrachte, starre und überholte Vorstellungen und Ideologien gegen den Widerstand von Tradition und Gewohnheitsrecht befreien kann. Merkur ist der Vertreter der Vernunft – und er ist keinesfalls immun gegen Ideologien noch ist er außersubjektiv. Vernunft ist weder Verstand noch Geist im Sinne von spiritus! Sie ist allerdings der Bringer der naturwissenschaftlichen Methodik und Wiederholbarkeit von Vorgängen, z.B. in Experimenten, deren Ergebnisse nun zählbar gemacht werden. Man nennt es fortan exakte Wissenschaft. Doch das Licht im Außen – es wurde nun ja auch die Verwertung des (elektrischen) Lichts entdeckt – beleuchtete nicht das Innen, vielleicht gelegentlich. War es nicht 1802, dass sich ein Vorläufer der Glühbirne manifestierte? Die Geschichte der Beleuchtung ist eng mit Uranus verbunden. Erleuchtung durch Beleuchtung.
Weiterblick mit Turbo-Schluss: Worauf ich u.a. hinauswill – Wann kommt das Licht? – ist das Äußere und das Innere. Lebten nicht die noch besser, die in ihrem Horoskop weder Uranus noch Neptun noch Pluto stehen hatten? Geschweige dann all die anderen Trabanten, Kleinplaneten und Prinzipien, die in anderen Astrologieschulen noch so herangezogen werden? – Waren das nicht vergleichsweise beruhigtere Zeiten, in der die Menschen mehr bei sich waren, ohne diese transpersonalen Belange, die sie aus ihrer kleinen Ich-zentrierten Welt herausführten? Nein. Der Umstand – und das ist trivial – dass ich von etwas nichts weiß, heißt ja nicht, dass dieses Unbekannte nicht bereits existierte und wirkte. Nun haben wir durch die Entdeckung der Himmelskörper, denen die Erfahrung der Himmelsbeobachtung ihren Wohnsitz im Pantheon des Tierkreises zuwies, mehr Einsichtsmöglichkeiten in uns, aber eben auch mehr Einsicht in (unliebsame) Herausforderungen über uns Einzelne hinaus zu verkraften.
Die Entdeckung von Uranus fiel in die Epoche der Aufklärung – und in das erste Viertel des soeben begonnenen Mondknoten-Pluto-Zyklus. Die Entdeckung von Pluto fällt in ein anderes Viertel. Ich werde darüber ein anderes Mal schreiben. Hier nur so viel: Der Saturn der 1768-Konjunktion kommt knapp in die Nähe des 1930 frisch entdeckten Pluto (auf 17°45′ Krebs), und die Mondknoten-Pluto-Konjunktion ist knapp über dem Saturn der Pluto-Entdeckung – im Quadrat zu Uranus im Widder. Der Zyklus hat 1889 seinen Höhepunkt überschritten (und wurde wiederum von einem anderen Zyklus, nämlich dem des Neptun-Pluto-Konjunktions-Weltzeitenzyklus im Jahr 1892 vertont) und befindet sich auf dem Weg ins letzte Viertel, das 1949 beginnen wird. Wie werden wir diesen Zeitabschnitt später nennen? Verdunkelung oder doch die Wahre Aufklärung? – Und vor allen Dingen: Was hat die Aberkennung des Planetenstatus mit Pluto und mit uns gemacht? Das geschah am 24.8.2006, vier Jahre vor dem Abschluss des 1768-Zyklus. Dürfen wir nun keine Pluto-Mondknoten-Horoskope mehr machen?
Übrigens noch als letzten Zusatz: es gibt noch einen anderen Lichtbringer, den – lat. lux= Licht und ferre = bringen – man Luzifer nennt. Das ist eine eigene Geschichte!
[1] Vgl. Chandler, Robert. Uranus und Prometheus. Das Astrologische Journal, Bd. 38, Nr. 1. Jan./Feb. 96
Die Fotos stammen aus der Anthologie „Sonnenzeilen – Sonnenzeiten“ aus dem Jahr 2008, und ist in meinem Sonnen-Verlag (Khorshid) erschienen. Rechte bei mir.