luzifer
(der das licht bringt)
habt nicht ihr mich ausgeschickt – sagt –
das licht zu holen?
gabt nicht ihr den auftrag mir – sagt –
was lange verschüttet aufzusuchen?
habt nicht ihr mich gelehrt – sagt –
wahrheit und nicht lüge zu sprechen?
jetzt stehe ich hier
zurückgekehrt mit dem licht
zurückgekehrt aus der rumpelkammer der vergangenheit
zurückgekehrt mit einer antwort in der hand.
aber ihr versteht mich nun nicht mehr
schüttelt den kopf ob meiner sprache
euch fremd geworden und ungeheuerlich
brennend meine Seele vom licht, das ich fand
doch ihr wollt es nun nicht mehr?!
das licht schien in die dunkelheit
doch das dunkel hat es nicht begriffen*
verließ ich nicht eure mitte?
verließ ich nicht eure normalität?
tauschte ich nicht eure satte sicherheit
gegen meine krankheit ein?
nicht ich entschied was mein auftrag sei,
und doch nahm ich – wenn auch zögernd – an.
nicht mir nützt nun die wahrheit
noch ist sie angenehm
nicht ich bin nun bedeutend
einzig um den himmel geht’s
ihr wolltet doch das licht – sagt –
warum nehmt ihrs jetzt denn nicht?
stattdessen zeigt ihr mit dem finger
als hätt ich bitter euch enttäuscht
nichts hat sich wirklich je geändert:
noch immer ist der bringt
in diese welt das licht
der teufel vor gericht!
das licht schien in die dunkelheit
doch das dunkel hat es nicht begriffen
* Bibelstelle, von Meister Eckehard immer wieder zitiert.
(c) Karin Afshar, 2006