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HERRSCHER VON 4 IN 4

IC Jungfrau – Merkur in Jungfrau

Es liegt eine labile und sich aussteuern wollende Empfindungswelt vor. Schon im Anfang wird hier diagnostiziert und analysiert, sich verhalten und nicht uneingeschränkt verausgabt. Alle Sinne richten sich auf die Innenwelt. Selbstanalyse.

Bei diesem Mann liegt eine außergewöhnliche Konzentration und Verbund-Übereinstimmung vor. AC-, Sonnen- und IC-Verbund sind identisch. Der AC liegt im Anfangszeichen, die Sonne im Mittelzeichen, der IC im Endzeichen des mundan II. Quadranten. Wie er die absolute Erscheinung und Ausübung der Seele im Konkreten wohl lebt? Der Ausgangsstandort von Krebs-Löwe-Mond liegt allerdings im 12. Haus. Die Person als Erscheinung, ihr Verhalten und die seelische Keimanlage nähren sich aus dem Ewigen, dem Hintergründigen. Zwillinge in Haus 12: die Wahrheit/Gewissheit, das Verborgene und die Gestalten des Lebens erfahren eine „Vermessung“ und Kartierung (dessen Darstellung dann als Merkur wieder im Empfinden auftaucht); unsichtbar für das Außen und das Vordergründige steht darin das von Subjektivität „gereinigte“ und entkernte Empfinden, versachlicht und neutralisiert. In der Erscheinung des 1. Hauses taucht eine Venus-Pluto-Konjunktion auf. Eine Strukturierung im Gemeinschaftlichen verleiht der Person ein verschlossenes, selbstsicherndes Wesen. Venus-Pluto ist auch die Belegung des Bewusstseins mit Programmen – an der Person selbst wird sichtbar, was sich im Heimatlichen an Bilder und Ideen bindet. Diese Bilder, möglicherweise die Erfahrung der „geschlossenen Gesellschaft“, auch die Erfahrung des Ausgeschlossenseins wiederum werden in einem Kleinen Kreislauf immer wieder ins 12. Haus geleitet, um dort kartiert und isoliert zu werden. Dieser Mond, soweit nehme ich vorweg, ist nicht völlig isoliert. Er hat drei Ventile.

Krebs reicht auch ins 2. Haus hinein. Ein Innerliches, ein Wesentliches im Materiellen – und es verschwindet im Unsichtbaren, wird zu einem offenen Empfinden als Selbstsicherung, das alles in sich aufnimmt und in „allem“ aufgeht. Der Kleine Kreislauf als persönlicher Mechanismus dieses Mannes.

Herrscher von 2 in 12: Abgrenzung erfolgt durch die Unabhängigkeit von Hintergründigem. Auflösung der bewussten Abgrenzung. Unabhängig von allgemein gültigen Normen.

Die Venus-Pluto-Konjunktion wird in Verbundrichtung aus Haus 1 auch in Haus 2 wirksam, vor allem, weil Venus den Stier/das 2. Haus repräsentiert: der Container in der Wesenserscheinung ist auch ein Zwang der ständigen Planung. Venus-Pluto ist immer im Vorstadium der Vollendung, die Form wird allerdings nicht vollständig an die Gegenwart ausgeliefert. Die hermetisch abgeschlossene Welt wie auch der Zwang in die Vorstellung einer perfekten Welt, die aber nicht erreicht wird, werden ebenfalls dem Kleinen Kreislauf zugeführt und dort sachlich und neutral (von der eigenen Person absehend) dargestellt und in Wahrheit „gewendet“.

Das erste Ventil des Mondes ist die reale Sonne im Löwen, an der Grenze zur Jungfrau, im Quadrat. Der Löwe setzt den Rahmen für das 3. Haus: Der Mann ergreift, er besitzt quasi die Mittel der Kommunikation wie der Darstellung und ist darin Herrscher wie Souverän. Bisweilen macht ihm die Exposition mit dem Mond in 12 bei der selbstbezogenen Selbstinszenierung einen Strich durch die Rechnung. Der Herrscher der Fische in Haus 10 steht nicht weit entfernt im 3. Haus. Eindringliche Aufgabe, die Wahrheit zu sprechen bzw. diese durch sich selbst in die Realität fließen zu lassen. Neptun in 3 ist dann auch das echte, greifbare, fließende Wasser, in das wir die Hände halten können. Und da Neptun aus dem 10. Haus eine Saturn-Neptun-Lage anzeigt, liegt hier der Hinweis auf ein Missverhältnis von Recht und Gerechtigkeit, auf eine Auflösung von Formen der Ordnung, die real Erlebniswelten auflösen, überfluten. Neptun in 3 aber auch die Täuschung und die Illusion auf den Wegen von Ort zu Ort. Man wird als Subjektives unsichtbar. Das muss dann ertragen werden.

Nun der IC-Verbund-Anteil. Das Vorgesagte ist alles bereits Teil des Keims, der da nun in die irdische und fleischliche Entwicklung hineingenistet wird. Merkur ist nun ganz bei sich. Gleich mehrfach ist wieder die Regelung des Empfindens, das Beschreiben desselben in Abgeschlossenheit, thematisiert. Mond-Merkur. Großer Drang zur Mitteilung, da denke ich gleich an eine „Logorrhoe“, einen „Wort-Durchfall“, und das in Bezug auf Befindlichkeit des Subjektiven. Zuhause und Familie sind weitere Bereiche des 4. Hauses, das hier in der Anamnese sitzt. Die Umstände des Lebens im Blick: Merkur untersucht das Wesen der Heimat, der Familie und ihre Notwendigkeit zur Aussteuerung gegen Veränderliches und schreibt darüber, teilt mit. Vielleicht hat er schon im Mutterleib „Tagebuch“ geschrieben.

23.8.1924, 0:00 Uhr MEZ, Budapest, Quelle ADB

Zum Merkur gehört ein Uranus, wiederum in für die Ich-Identität störender und heraushebender Weise: Red nicht über dich selbst, sprich über die Belange der Gesellschaft, über das, was über dich hinausgeht! Damit geht er auch ein gewisses Risiko ein: er wird umstritten sein, was er sagt, wollen nicht alle hören. Hilfreich dabei, diesen Aufruf umzusetzen, ist Saturn in Haus 5. Für das Subjektive hemmend und unangenehm bis hin zu „Deformierungen“, entstammt Saturn dem IV. Quadranten und gewährleistet die über die Person hinausgehende Wahrheit. – Fleiß, Perfektion, große Gefasstheit, und in Zeiten von Entspannung überflutet. Saturn-Sonne ist eine passive Investition in die Eigenentwicklung mit hohen Kosten.

Der Mann wurde als Ferenc Hoffmann in Budapest in eine ungarisch-jüdische Familie hinein geboren. Bereits als 16jähriger gewann er einen Novellenwettbewerb. Später – nachdem er aus Ungarn (die Krebs-Heimat) über die Deportation in ein erstes Arbeitslager, dann über eine Flucht, über einen zweiten, dieses mal ein Gulagaufenthalt und abermalige Flucht (Mond in 12: Isolation, Gefangenschaft – Neptun in 3: Ungesehen auf den Wegen unterwegs), über eine Flucht vor dem Kommunismus die Auswanderung nach Israel auf einem Flüchtlingsschiff überstanden hatte – begann er 1952  für die größte Tageszeitung in Israel (Ma’ariv) unter dem Namen Chad Gadja (Aramäisch: „Das eine Lämmchen“) eine tägliche Kolumne in hebräischer Sprache zu schreiben. Sein Hauptgenre: Satiren.

Zielscheibe von Ephraim Kishons Satiren waren neben den kleinen Ärgernissen des Alltags vor allem die Bürokratie und die große und kleine Politik, vor allem der in Israel. Außerdem schrieb er über die kleinen und großen Katastrophen nicht nur in seiner Familie. Weltbekannt wurde er mit „Drehn Sie sich um, Frau Lot“ und die „Familiengeschichten“ mit „der besten Ehefrau von allen“. Er war ein scharfer Kritiker der modernen Kunst und des dazugehörigen Kunstmarktes, leitete eine eigene Kleinkunstbühne, genannt  „Grüne Zwiebel“, spielte Schach und Billard (inwieweit er mit beiden seine Sonne-Mars-Opposition und das Mond-Mars-Quadrat befriedete bzw. kompensierte, ergänze ich später).

Kishon über sich selbst:

[…] Ja, das ist ein Fluch. Ich bin verurteilt, immer unzufrieden zu sein. Ich bin ein sogenannter Perfektionist, was eigentlich jeder gute Schriftsteller sein muss. Besonders dann, wenn er nicht nur ein, sondern vierzig Bücher schreibt wie ich. Was ich auch mache, ich will es immer besser machen, als ich es kann. Wenn ich auch versuche, von meinem mich unerhört langweilenden und Leiden verursachenden Schreiben wegzukommen und etwas zu machen: Filme, Theaterinszenierung – dann ist da wieder der gleiche Fluch: Das Beste muss ich machen. Leider – es klingt komisch – wird mein nächstes Buch auch nicht schlecht sein. Es gibt keine vergleichbare Beschäftigung wie die des Schriftstellers. Der Schriftsteller hier in Israel schreibt etwas – und man liest es in Kanada. Phantastisch ist das. Manchmal fühle ich, dass es eine fast göttliche Erfahrung ist, dass ich hier schreibe…

Alles wovon ich geträumt habe – fast alles -, habe ich erreicht. Das ist meine größte Tragödie. Ich habe gesagt: Ich werde Hebräisch schreiben, ich werde ein großer Satiriker in der hebräischen Sprache, ich werde die Welt erobern. Eines Tages war es soweit. Es gibt nichts Schlimmeres als ein Ziel, das man erreicht hat. Ich bin schon früh zu der Weisheit gekommen wie König Salomon, als er im Sterben lag und gesagt hat: Alles ist Eitelkeit, Eitelkeit, Eitelkeit […][1]

Kishons „Auch die Waschmaschine ist nur ein Mensch“ und „Drehn Sie sich um, Frau Lot!“ enthalten eine Satire mit dem Titel Der Blaumilch-Kanal. In den 70er Jahren las ich monatelang nur Kishon, vermutlich hat nicht nur mich, sondern auch andere meiner Generation dieser Blaumilchkanal geprägt bzw. uns des Irrsinns unserer postdemokratischen Bürokratie schon früh gewahr werden lassen.

Zwar spielt die Satire in Israel, aber der Plot und sein satirischer Ansatz sind die humoristische Bloßstellung der universellen menschlichen Einfalt schlechthin. In jedem Land der Welt können wir Szenen wie im Blaumilchkanal beobachten. Worum es geht? – Kasimir Blaumilch ist ein just aus der Irrenanstalt entflohener „Geisteskranker“, der irgendwie an einen Presslufthammer gerät und beginnt, die wichtigste Hauptverkehrsstraße der israelischen Hauptstadt Tel Aviv aufzuhämmern. Die Polizei muss die Straße sperren, die Anwohner beschweren sich zunehmend über den praktisch ununterbrochenen Lärm, die Behörden leiten eine umfangreiche, jedoch ergebnislose Ursachensuche ein. Dr. Kwibischewsky, der für diesen Fall zuständige Leiter der Abteilung für Reparaturen auf den Hauptverkehrsstraßen, weiß von nichts, weshalb sich die Beteiligten der Stadtverwaltung und des Bautenministeriums gegenseitig die Verantwortung zuschieben. Endlich landet die Angelegenheit vor einem Untersuchungsgericht. Große Betretenheit und Peinlichkeit. Um diese zu beenden und die Arbeiten zu beschleunigen, werden alle verfügbaren Bautrupps der Stadt zur Hauptverkehrsstraße beordert. Während des Prozesses allerdings erreicht Blaumilch mit seinem Presslufthammer bereits das Mittelmeer, so dass die Wassermassen in die Stadt Tel Aviv einströmen. Der Bürgermeister eröffnet daraufhin stolz den neuen „Innenstadtkanal“, alle Beteiligten sehen es als äußerst positiv, dass Tel Aviv nun das Venedig des Ostens wird, es kommt zu einer wahren Kanal-Euphorie. Ein Einziger erkennt den absurden Hintergrund, macht ihn öffentlich und benennt ihn, ihm schenkt natürlich niemand Glauben, und man weist ihn in die Psychiatrie ein.

Die Verrückten sind draußen, die Gesunden in den Irrenanstalten…, oder: Des Kaisers neue Kleider… Kishon ist immer noch aktuell.

Die vervollständigte Deutung wird als Text in „Die Chroniken des Tierkreises, Band 4, Teil 2“ zu lesen sein.

 

[1] Interview in der Zeitschrift Der Playboy (geführt von Raimund Le Viseur), ca. 1997

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