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ZEITENWENDEN, ZEICHEN UND LUTHER

oder:

Was Kybernetik mit Umwelt, und Reformation mit Informationskapitalismus zu tun hat

Eine Beunruhigung der Geschlossenheit und des Bestandes der Familie bei der Geburt des Kindes schlägt sich in dessen Empfinden nieder und es empfindet sich als nirgendwo seelisch verankert. Dies verunsichert und die Verunsicherung setzt die Entwicklung eines Schutzverhaltens in Gang. Das Kind bzw. der Jugendliche, junge Erwachsene hält sich Möglichkeiten offen, legt sich nicht fest, identifiziert sich mit nichts und niemandem und tritt schließlich tatsächlich in das Angelegte hinein: er ist seelisch wie sozial „ohne Heimat“, unbeheimatet.

Die Steuerung unbewusster Impulse und die Verarbeitung von äußeren Eindrücken fallen diesem Menschen schwer. Bleibt jedoch die innere Verarbeitung (die Auseinandersetzung mit der Umwelt und dem Umstand) aus, kommt es stattdessen zur Spiegelung der Eindrücke. Die Spiegelung von Eindrücken (Reflexion) ist anders als die innere Verarbeitung das Wiederherausstellen in die Welt dessen, das den inneren Stau nicht passiert hat. Sie geht mit Unduldsamkeit und geringer Hinnahmefähigkeit einher. D.h. dieser Mensch kann weder eine Entwicklung abwarten noch sie ertragen; er wird eingreifen, vorgreifen, und mit seiner Beobachtungsgabe, seinem Beurteilungsvermögen und der Gabe des Überblicks (aus der Nicht-Zugehörigkeit heraus) die Umwelt zu seiner Sicherung steuern. 

Der obenstehende Absatz ist eine Zusammenfassung aus W. Döbereiners „Horoskop für jeden Tag“ – und zwar zum Geburtstag des 9. und 10. November. Am 10.11. sind u.a. Martin Luther und Friedrich Schiller geboren. Der 9.11. ist für die deutsche Geschichte ein markanter Tag (hier nur eine unvollständige Liste):

  1. Robert Blum (geb. am 10.11.), linksliberaler Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung, wird am 9.11. 1848 nach der Niederschlagung des Oktoberaufstands von Wien unter Missachtung seiner Abgeordnetenimmunität von einem Hinrichtungskommando erschossen.
  2. Reichskanzler Max von Baden verkündet 1918 eigenmächtig die Abdankung von Kaiser Wilhelm II. und setzt Friedrich Ebert ein. Der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann ruft gegen 14 Uhr vom Reichstagsgebäude aus die „deutsche Republik“ aus. Zwei Stunden später verkündet Karl Liebknecht vom Berliner Stadtschloss aus die „deutsche Räterepublik“.
  3. In der Nacht vom 9. zum 10. November 1936 entfernen die Nationalsozialisten das Denkmal des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy vor dem Leipziger Gewandhaus. Der Bürgermeister Leipzigs tritt daraufhin zurück.
  4. In der Pogromnacht 1938 kommt es zu organisierten Übergriffen gegen Juden und jüdische Einrichtungen, bei denen auch Synagogen in Brand gesteckt werden. Polizei und Feuerwehr haben Weisung, nur nichtjüdisches Eigentum zu schützen.
  5. Bei der Amtseinführung des neuen Rektors der Hamburger Universität wird 1967 von Studenten ein Transparent mit dem Spruch Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren gezeigt, der späterhin zum Symbol der 68er-Bewegung wurde.
  6. Fall der Berliner Mauer 1989: Beginn der Regelung um 18:57 Uhr mit „Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich“ .
  7. 2001 beschließt der Deutsche Bundestag das Anti-Terror-Gesetz. U.a. wird das Religionsprivileg im Vereinsrecht abgeschafft, um das Verbot radikaler, vor allem islamistischer Gemeinschaften zu ermöglichen.
  8. 2007 verabschiedet der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung.

Im kommenden Jahr feiert Deutschland das 500-Jährige Jubiläum der Reformation. Martin Luther (geboren unter dem Namen Luder) wird mit ihr in einem Atemzug zu nennen sein. Gerade in den letzten Monaten aber ist seine Lichtgestalt etwas ins Wanken geraten: seine Ängste, was die Erstarkung des Islams ebenso wie die Rolle der Juden und des Judentums angeht, hat er in Worte gefasst, und dies nicht zu knapp und zimperlich. 

Wie waren die Zeiten damals – um 1517 – und wo stehen wir heute? Worin bestand die Erneuerung – die Gebung einer neuen Form – damals und wieder: wo stehen wir heute?

Doch was hat die Kybernetik mit all dem zu tun? – Dass man vom Skorpion erst auf die Transformation, und im verhalteneren, zaudernden Schritt wenigstens auf eine Reformation schließt, ist nicht abwegig. Es ist ebenso wenig abwegig, das Tierkreiszeichen in diesem Zusammenhang mit der Information zu assoziieren – sind es doch Skorpion und sein Herrscherplanet Pluto, die sich mit dem Kern von Dingen UND dem immateriellen, ihnen innewohnenden Bild, im weiteren Sinne der Vorstellung von etwas, befassen.

Zum Skorpion gehört die Wandlung (meistens von der Verwundung, einer Versehrung her) zu einer Heilung. Im Prozess dieser Wandlung werden alte Muster erkannt und abgelegt, es ist viel Untergründiges zu klären, Unangenehmes. Der Prozess der Wandlung kann Jahre dauern, die Krise ist nicht innerhalb eines Momentes zu bewältigen. Geht die Krise über einen einzelnen Menschen hinaus, kann sie sogar Jahrzehnte andauern, und jeder Eingriff, jede Beschleunigung von außen, jede vermeintliche Lösung zerstören oder behindern die Entwicklung.

Was die Information angeht, ging im Anschluss dieser Zeit ein anschauliches Beispiel hervor: die Idee Samuel Hahnemanns (1755-1843) in Form der Homöopathie. Zusammengerafft sei auf das Similie-Prinzip der Behandlungsmethode hingewiesen und auf die Heilmittel, deren wichtigstes Merkmal ihre „Potenz“ ist. Kritiker schreiben der Homöopathie jegliche Wirksamkeit ab, denn insbesondere in den höheren Potenzen sei in den Lösungen ja keine Ursubstanz mehr enthalten. Genau das ist der Punkt. Es wirkt nicht die Substanz, es wirkt die Information, die durch das Potenzierungsverfahren in die Trägersubstanz eingeschrieben ist. Es wirkt die geistige Energie, die im Kranken die Selbstheilungskräfte und genau jene Prinzipien anspricht, die ihn krankmachten. Die Information ist immaterieller und steuernder, regelnder Art und damit die Homöopathie ein skorpionisches Geschäft.

Manipulation wird nun ebenfalls dem Skorpion zugeschrieben. Die heutige Wissenschaft dieser Manipulation ist in die Kybernetik gegossen. (Nachdem mir dieser Zusammenhang bewusst geworden war, begriff ich rückwirkend, warum sich unter meinen Lieblingsbüchern ein Kybernetikbuch, das ich als 10-Jährige mehr liebte denn verstand, befand: mein AC liegt im Skorpion. Kybernetik beschäftigt sich mit Informationen und Kontrolle, gleichgültig ob es sich um Maschinen oder Menschen handelt. Es geht um die Steuerung von Abläufen und die strategische Führung. Der Erfinder der Kybernetik, ein Wissenschaftler namens Norbert Wiener, reduzierte den Menschen auf das Biologistische und formulierte: Der Mensch ist nicht mehr als eines von vielen Systemen, das auf die Anreize seiner Umwelt hin auf die eine oder andere vorhersagbare Weise reagiert. Mit seinen Sinnesorganen nimmt der Mensch Reize der Außenwelt wahr – die Reize wurden vielfach sensorisch vorverarbeitet – doch erst ein weiterer Schritt im Gehirn ermöglicht die sinnvolle Reaktion auf einen Reiz. Diese menschliche Reaktion ist nichts anderes als eine Rückkopplung. Nach Wieners Verständnis ist die unerlässliche Voraussetzung für die Regelung von Systemen das Vorhandensein einer Feedbackschleife

Egal, wie komplex nun ein System ist, verspricht die Kybernetik die Möglichkeit seiner vollständigen Analyse, die mathematische Nachbildung und auch Lenkung. Lässt sich aber ein komplexes System tatsächlich vorhersagen, wie man es gerne hätte?

Eins der sehr komplexen Systeme unserer Zeit ist das Internet. Prinzipiell ist dieses keine eigene Welt – sagen die Politiker, doch die sozialen Netzwerke, deren Geschwindigkeit im Außen von unserer inneren Geschwindigkeit erheblich und mit schädlichem Einfluss auf uns abweicht, sowie die allgegenwärtige Digitalisierung und die Informations- und auch Datenflut – haben eine eigene Welt erschaffen. Es gibt die digitale Gesellschaft längst, und in ihr gelten andere Gesetze als in den bisher bekannten analogen Gesellschaften. Eine der wesentlichsten Eigenschaften von Systemen ist ihre Fähigkeit zu lernen – der Glaube der Internetnutzer, sie würden sich selbstständig und frei im System bewegen, ist ein Irrglaube. Ihre Suchpfade z.B. in Google oder anderen Suchmaschinen werden immer spezifischer vom System geregelt, das selbsttätig lernt, aus dem, was die Nutzer eingeben, Schlüsse zu ziehen, während die Nutzer absichtlich in einer Filterblase gehalten werden. In Zukunft könnte auf diese Weise politisches Wahlverhalten manipuliert werden. Alarmierend, dass wir selbst die Datenflut erzeugen, die uns zu steuerbaren – ja! – Objekten macht.

Die Sprache der Astrologie und hier in besonderem Maße die Wolfgang Döbereiners und der MRL und die der ökonomisch-digitalisieren Welt scheinen nur auf den ersten Blick verschieden. Sie haben, was die Belange des Skorpions angeht, einen ähnlichen Blick (der allerdings unterschiedlich bewertet wird) auf die Dinge – und das werde ich hier einmal anschauen. 

Baustein 1: Formen, Gestalten und Zeichen

Der II. Quadrant (Krebs-Löwe-Jungfrau) ist das Zeugende des Lebens – dieses Zeugende kommt aus dem Wirkenden (IV. Quadrant – Fische-Wassermann-Steinbock) und wird im III. Quadranten (Schütze-Skorpion-Waage) zum Wirklichen. Die Erscheinungsform und die Figuration des Wirklichen liegen wiederum im I. Quadranten (Widder-Stier-Zwilling).

Eine Form ist die Funktion als Erscheinung einer Gestalt, d.h. eine Funktion zeigt sich in der Form und wird darin zum Zeichen. Die Summe der jeweiligen Verhältnismäßigkeit der Formen und Funktionen zueinander ergeben die Figuration (2. Hs); diese ist die Summe der Formen der Erscheinungen im Dienste der Gestalt, d.h. in der Gestalt.

Im 11. Haus – im Ursprung – trennt sich das im Fisch und im Widder noch Ungeteilte in zwei Formen – in die Form der Erscheinung und in die Gestalt der Bestimmung – die sie einzuhalten haben, um zum Leben zu kommen. Überzeugung entsteht, wenn das Zeugende (II. Quadrant) aus dem Wirklichen (III. Quadrant) kommend, in HS 1 aufscheint, ohne das Wirkende zu enthalten, d.h. den IV. Quadranten ausgelassen hat. Es fehlt dann das Zeugende des eigenen Lebens. Die Form der Erscheinung wirkt immer überzeugend

Der Ursprung (11. Hs, Uranus) und die Bestimmung (10. Hs, Saturn) zur Gestalt sind vorbewusst, wie es der gesamte IV. Quadrant ist. Die Gestalt des Endlichen ist daher auch die Gestalt der Zeit des Endlichen, mit all dem, was notwendig ist, um die Gestalt in ihrer Bestimmung zu erhalten.

Die Bienen sind z.B. als Bienenform (im Unterschied zum (einzelnen) Bienenleben) das Zeugende (= eine Gestalt des Wirklichen) der Fortpflanzung bzw. des Lebens des Baumes (Äpfel, Birnen…) und damit die Gestalt des Zeugenden. Denken wir weiter: indem die Bienen in Leben wie Form ausgemerzt werden, fallen sie als Zeugendes für das Leben der Bäume aus. 

Die Aufnahme der Bilder des Wirklichen, oder auch der Gestalten des Wirklichen im III. Quadranten wird im 7. Haus zum Bewusstsein. Die Vorstellung ist hingegen der Ersatz für Bewusstsein; Vorstellung bezieht sich immer auf einen Zweck und ist daher nie Bewusstsein.

Die Vorstellung setzt Zeichen, denn unter Weglassung des Ursprungs und der Bestimmung konnte die Form einer Funktion als Zeichen des III. Quadranten nicht zur Gestalt werden. Das Zeichen ist damit ursprungslos und die Voraussetzung für die Überzeugung. Nur jemand mit Vorstellungen kann überzeugt werden.

Dieses Zeichen zeugt nun im Erschaffen des II. Quadranten, im Leben z.B. eines Menschen, das Ursprungslose und führt damit zu dem Zwang, den eigenen Ursprung zu verneinen (und damit Tod herbeizuführen, aktiv selbst oder aber delegiert!), um schließlich nur noch Form oder Zeichen des Ursprungslosen zu sein. Eine Zwangsneurose entsteht, die im Reflexzwang immer wieder aufgeführt werden muss.
(Notizen zu einem Seminarband von W. Döbereiner aus dem Jahr 1999)

In den Begriffen Trans-, Re- und Information begegnen wir dem Bestandteil Form. Wie oben in den Notizen zu lesen, können wir diese als eine Funktionsform ansehen, d.h. aus der Funktion kommend und ihr Ergebnis; die Funktion liegt (mit der MRL gesprochen) im 3. Haus. Eine Form ist z.B. als Ergebnis der Ausübung (und das ist Funktion) eine Erscheinung, ein Phänomen,  im 2. Haus angesiedelt. Es gibt keine Form, die nicht aus der Ausübung der Erscheinung kommt.

Lasse ich aus mir unbewussten Gründen und in menschlich überall anzutreffender Verdrängtheit Bewusstsein nicht zu, lebe ich aus der Vorstellung. Wenn ich Vorstellungen habe, dann habe ich Gefühle, die ich bestenfalls konsumiere. Gefühle entstehen durch Eindrücke, die von außen kommen, oder durch herbeigeführte Erinnerungen. Natürlich kann ich mir auch eine Form vorstellen, sie ist planbar als Plan.

In der Vorstellung ist die Form nicht mehr bzw. noch nicht Gestalt, sondern (um das begrifflich klarzustellen) ein Zeichen. Ist die Form erst einmal zum Zeichen geworden (weil statt Bewusstsein die Vorstellung vorherrscht), ist das Zeichen immer ein Zeichen der Verdrängung.

Verdrängt wird der Ort – es fehlt die Heimat, die Beheimatung, und zwar die im eigenen Ort der eigenen Gestalt. In der Ausübung aber ist alles Weg, und nicht Ort. Deshalb spricht Döbereiner von Ortlosigkeit. Die Verdrängung des Ortseins der Gestalt (angelegt, wenn man viele Pluto-/Skorpion-Aspekte in seinem Geburtshoroskop aufweist) deutet darauf hin, dass hier die Bestimmung des Lebens, sein Ursprung und sein Prinzip (als endliches) nicht zugelassen werden (der IV. Quadrant, und insbesondere die Stadien des Uranus und des Saturn werden). Gründe bzw. Alibierklärungen dafür gibt es von Mensch zu Mensch andere, nachvollziehbar oder unglaublich. – Ein solches vom Ort verdrängtes Leben lebt aus der Vorstellung (und hinter jeder Vorstellung steht ein Kalkül und eine Absicht) und wird kein Bewusstsein haben, und – da ohne Gestalt – Zeichen setzen (ein Ausdruck, der in unserer Politik und in den Medien ziemlich virulent ist und jeden Tag mehrfach bemüht wird).

Zunächst die erste Frage: Hat Luther nun eine bestehende Form erneuert oder eine alte sogar in eine völlig neue überführt (trans-formiert) oder hat er Zeichen gesetzt? Vorgreifend möchte ich schon einmal an dieser Stelle anmerken: Ohne Luther, d.h. ohne seinen Eingriff (weil er Entwicklungen nicht abzuwarten vermochte?) hätte es keinen Kapitalismus gegeben. Die Reformation bereitete die Möglichkeit für den Einzelnen vor, sich über seine Herkunft hinwegsetzen zu können. Die Erfindung des Buchdrucks (1450) fiel in die Zeit ebenso wie die Aufhebung gesellschaftlicher Grenzen. Arbeit, Boden und Geld stiegen als Ressourcen der Einzelnen auf – diese Entwicklung machte die Industrialisierung möglich (vgl. auch Hofstetter, 2016)[2]. Dass diese drei inzwischen abgelöst sind, werde ich weiter unten aufgreifen.

DigitalisierungDie immateriellen Zeichen haben in der postmodernen Zeit übrigens in Form eines Codes ihre Entsprechung gefunden, mit dem sie sich gut darstellen lassen: den Binär-Code der Digitalisierung.

Nunmehr liegen die Informationen (als der Gestalt völlig entledigt) in Programmen, programmierten Systemen, künstlichen Intelligenzen vor. Wenn wir aber die Zeichen für Gestalten halten, bekommen wir ein Problem. Gestalt – wie gezeigt – spricht das Empfinden an, sie entsteht mit dem Bewusstsein. Zeichen jedoch werden konsumiert und sprechen das Gefühl an. Sie kommen mit der Vorstellung zusammen (mit beidem arbeitet bsp. die Werbung!). Wenn die aufgenommenen und fälschlich für Gestalt gehaltenen Zeichen in unserem Unbewussten ankommen, erhalten sie subjektive Macht über uns. Wir sind heutzutage von Zeichen – wörtlich den Markenzeichen – umgeben.  Jeder möchte mittlerweile eine Marke besitzen, mithin ein Zeichen sein und damit etwas vorstellen, dem anderen vorstellen, damit der sich ein Bild von ihm machen kann. Was wir aber abgeben, ist kein Gesamtbild von uns – es ist ein Imago, ein Image als Meinungsgegenstand.

Denn Zeichen haben keinen Bestimmungscharakter, sie instrumentalisieren sich durch und über den Intellekt. Zeichen führen dazu, dass man Wissen anhäuft (Faktenwissen oder Datenwissen, z.B.). Wissen – so Döbereiner – ist die Summe der Funktionen dessen, was an Gestalt aus der Welt verdrängt ist. Der Intellekt ist ein Instrument und als solches eines, das Funktionsformen zur Kenntnis nehmen und unterscheiden kann.

Bestimmung oder – als alternatives Wort – die Bedeutung einer Form (solange sie Gestalt ist) liegt in ihr selbst – sie erfüllt keinen anderen Zweck als den des absichtslosen Zeugens ihres Seins, und das auch in ihrer Vergänglichkeit, sie ist nicht verbrauchbar. Natürlich kann sie gekennzeichnet werden, von anderen Formen unterschieden, taxonomisiert, klassifiziert und auch mit einem Begriff versehen werden. 

Zeichen erkennt man an ihrer Übertragbarkeit. Die Übertragbarkeit einer Form zeigt sich in der Wiedergabe. In diesen Wiedergaben leben wir derzeit: In ihnen werden Formen zu Zeichen der Information der Ausübung und damit zu Übertragungen. Die Zeichen der Wiedergaben in die Zeit werden in der Übertragung Erscheinung der Information.

Das Typische der Zeichen ist, dass sie ständig in Bewegung sein müssen. Die Informationen stehen im Zwang des Unterwegs-Seins und sie machen, dass wir, wenn wir in ihnen funktionieren, in Bewegung bleiben müssen. Inzwischen ist – Döbereiner, Sem. 11, S. 8 – fast alles und jedes Erscheinung der Übertragung von Zeichen und damit die Erscheinung von Information.

Derzeit stehen wir an einem Punkt des „burn-out“ des bisher praktizierten Kapitalismus und an der Schwelle zum digitalen Zeitalter. Die Währung des Einzelnen sind nicht länger seine Arbeitskraft, sein Grundbesitz (oder Boden/Land) und das Geld. Heute geht es um Daten, um Informationen.

Die Informationssammlung des Internets ist in den letzten 10 Jahren mit dem ersten Einsatz der Smartphones in neue Dimensionen gestiegen. Seit der 1. Industrialisierung gelten Innovation (immer neuere, uns Komfort verheißendene Technologien) und wirtschaftliches Handeln (Gewinn erzielen) als unzertrennlich. Heute leben wir einen Informationskapitalismus, dessen Standardmodell der Überwachungskapitalismus ist (vgl. Hofstetter, S. 63). Die Voraussetzung dafür ist bereits ebenfalls gewährleistet: Überwachung durch Umgebungsintelligenz (bereits erwähnte Smartphones sind Ortungsgeräte, anhand derer wir jederzeit über unseren Aufenthaltsort und unsere Bewegungen, Verbindungen, Interessen und Entscheidungen Zeugnis ablegen) und die totale Rechnerdurchdringung.

Von Winston Churchill stammt der Ausspruch: „We shape our buildings, thereafter they shape us.“ – Wer sich an die neue Umgebung dieses seines „Hauses“ nicht anpasst, wird in diesem neuen entstandenen System nicht überleben. Wer sich nicht digital transformiert (man beachte das Wort!), wird künftig mit Funktionsstörungen weiterleben (Hofstetter, S. 51). Aber was heißt hier noch „leben“?

Baustein 2: Der Skorpion Luther

 

10.11.1483, 23:00 Uhr MEZ, Eisleben

10.11.1483, 23:00 Uhr MEZ, Eisleben – Quelle: W. Döbereiner, Seminarband 20, S. 101

„Luther – der erste Wutbürger“ titelt der Spiegel in seiner 44. Ausgabe vom 29.10.2016. Geschrieben hat die Titelgeschichte Georg Diez. An einer Stelle schreibt er vom Psychoanalytiker Erik Erikson, der in den 50er Jahren die Diagnose gewagt haben soll, Luther habe Zeit seines Lebens unter psychischen Problemen gelitten und sei von schweren Schuldgefühlen geplagt gewesen. Nun denn. Ob und wenn ja, warum er ein Wutbürger war, können wir – denke ich – um einiges besser sehen als lediglich zu vermuten.

Martin Luthers Skorpion-Sonne steht im Durchführungszeichen seines Verbundes. Alle seine Planeten (außer dem Mond im Widder in Haus 8) stehen in der unteren Hälfte des Horoskops und in den drei Zeichen seines Verbundes von Haus 5 zu 4 bis hin zu Waage am Übergang 3 zu 2, vom subjektiven Quadranten hinein in den Quadranten der – wie Döbereiner sie nennt – der Titanen. Was ist es, das er auf ihrem Altar opfert, um selbst in der Welt aufzutauchen?

Das Anfangszeichen  in 5 – Schütze – steht für die Anschauung und das Zusammenfügen der Geschehen als Leben, dargestellt in Haus 3 im Endzeichen Waage: Jupiter kommuniziert über die Fügung, die Hoffnung, die Verheißung des Lebens als Ziel im Sinne des Erreichens einer Harmonie als Ausübung. Jupiter steht in der Ausführung des 3. Hauses, ist – was Ausübung wie gesehen sagt: Ausübung einer Erscheinung. Jupiter hat nun eine Pluto-Konjunktion. Der Herrscherplanet des Durchführungszeichens Skorpion steht also ebenfalls im Endzeichen des Verbundes, ebenfalls in der Ausübung. Es kann von einer Fügung aus der Vorstellung heraus gesprochen werden – und: Pluto-Jupiter birgt die Versehrung in sich, die darin besteht, dass die Endlichkeit nicht ins Leben miteinbezogen wird. Einerseits gegenwärtig, und doch die Gegenwartslosigkeit in sich tragend, die Gegenwart verneinend. Insofern die Fügung also Information ist, liegt im Anfang ein Zwang zur ständigen Wiederholung als Vorgang.

Im Anfangszeichen steht Uranus. Die Fügung des Lebens als Ausdruck des Seelischen im Geschehen ist aufgehobener Natur. Im 4. Haus hebt Uranus aus dem Zentrum des eigenen Empfindens heraus – das verschafft Abstand zur Enge des Subjektiven. Gleichzeitig besteht aber auch die Tendenz, dieses Subjektive zum Objekt der Heiligung oder Verdammnis zu machen. Das Reine soll erhalten bleiben, die Schuld des Lebens ist zu groß, als dass man sie durchleben möchte. Uranus kommt aus dem Wassermann am DC – das Begegnende ist an der seelischen Unberührbarkeit insofern beteiligt, als Uranus in 4 geneigt ist, im Außen, in der Begegnung Hinweise auf sein Seelisches zu sehen, zu suchen. Man identifiziert sich nicht mit sich, sondern mit dem empfangenen Bild des Außergewöhnlichen, das man (unverarbeitet, unbegriffen) an die Welt zurückgibt.

Merkur im Schützen im 4. Haus steuert a) aus der Jungfrau kommend die Belange des Bestandes bzw. des Gemeinschaftlichen aus und kennzeichnet und regelt b) aus dem Zwilling in 10/11 kommend das Seelische dieses Gemeinschaftlichen (Stier in 10) in seiner Ausübung.

Neptun steht ebenfalls im Anfangszeichen: Sehen wir Neptun als „Korrektiv“ – stellt er im Schützen die Fügung, die Anschauung des Seelischen im 4. Haus auf den Prüfstand und löst diese auf, sofern sie nicht seinem Prinzip entspricht. In Luthers Fall wird Mars im Skorpion in Konjunktion zu Jupiter in Haus 3 mit Wortgewalt Gefügtes zerstören. Im weiteren Sinne – über das Subjekt Martin hinaus, ist auch das Heimatliche angesprochen. Uranus und Neptun erzählen, dass die Entwicklung einer Identität nicht gegeben ist. Beide sprechen von Konkurrenzsituationen, in denen man unterliegt, die Erfahrung der Unterwerfung macht. Neptun in 4 hält bei fehlendem Eigenleben Erlebnisrollen bereit, in die man hineinschlüpft, und sich mit jenen solidarisieren lässt, die einen unterdrücken. Merkur in Konjunktion zu Neptun ist in seiner Klarheit beeinträchtigt. Umgrenzungen sind durchlässig, die Reviere und die Bestände sind unsicher, die Orientierung gelingt nicht.

Der Krebs – zum 4. Haus gehörig – steht im IV. Quadranten an der Spitze Haus 12 zu 11 und unterstreicht den Mond-Uranus; Mond selbst steht in Haus 9 im Widder. So ein Mars-Mond gilt in seinem Verband oder der Familie nichts, für das, was er ist, wird er verdrängt, seine Werte tauchen nicht auf, das eigene Erschaffene wird nicht akzeptiert. Mond-Mars hat einen Gerechtigkeitszorn, einen Jähzorn, der sich in seiner Ohnmacht gegen das eigene Leben richten kann.

Die Ausgangslage kann als mehr als unsicher bezeichnet werden: das Leben und das Heimatliche als Gefüge sind gefährdet, eine Identität existiert nicht, das Recht auf Eigenleben ist fraglich. Das Ergebnis – um es vorwegzunehmen – liegt wie die Ausgangslage in der Konstellation Jupiter-Neptun-Mond-Mars. Im Mars-Jupiter in 3 ist es deutlich dargelegt. Da das Prinzip der Gestalt angezeigtermaßen (Neptun-Merkur in Schütze) ohne Bestimmung ist, wird ohne Maß gefügt. Im 3. Haus werden Gebilde in die Funktion geworfen, die ohne Grenzen immer und immer wieder nachvollzogen werden, während gleichzeitig die Selbstvernichtung ins 9. Haus gefügt wird.

Martin Luther - DurchführungDer Skorpion in der Durchführung findet eine kritische Lage vor. Es fehlen eine Identifikation mit dem Eigenen, eine Legitimation und ein klares Revier, auf Basis dessen sich ein Leben gestalten ließe. Skorpion an der Spitze von Haus 4 spricht von einem überlagerten Seelischen wie auch einer von einer fremden Mentalität überlagerten Heimat. Die Empfindungswelt unterliegt Vorstellungen und Bindungen an Bilder, die im Umraum aufgenommen wurden. Sie ist strukturiert, fixiert auf diese Struktur; das „Ich“ als Eigenleben wird hier der Mutter geopfert; d.h. es handelt sich um die Vorstellungswelt der Mütter, in der das Kind lebt.

Pluto in 3 ist dafür zuständig, seinen unmittelbaren Umraum zu strukturieren, zu kontrollieren und zu regeln. Er tut dies unter dem Dach der Waage: des Ausgleichs, des Zusammenbringens, des Sorgens und Begegnens, sein Medium ist die Kommunikation, das Wort, das Denkerische. Er macht Druck, wo die Waage zu unentschieden ist, hat feste Vorstellungen von Umsetzungen und setzt die Bedingungen; er ist Vorgang der Umgebung, in der er sich bewegt.

In Anbetracht der Ausgangslage kann Pluto – auf einem GSP Mars-Jupiter – ohne eine eigene Identität nurmehr Zeichen setzen, die er immer wieder wiederholen und übertragen muss. Zwanghaftigkeit stellt sich hier dar, der Zwang sich bzw. seine Vorstellungen, die im Mars-Jupiter zur Mission werden, mitteilen und verbreiten zu müssen. Umgesetzt wird der Drang zur Mitteilung und Übertragung mit einer Sonne auf einem Gruppenschicksalspunkt von Pluto-Jupiter. Dicht, kann man sagen, ist dies alles: intensiv, dicht und unbeweglich. Der Luther zugeschriebene Ausspruch „Hier stehe ich und kann nicht anders“ soll zwar so nicht gefallen sein[1], veranschaulicht aber in seiner Ausschließlichkeit den Charakter der Enge.

Luthers Sonne in 4 hat ein Spiegelquadrat zu seinem Mars im Skorpion, beides wiederum beschreibt Nicht-Zugehörigkeit, bzw. die erschwerte Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft und einem Verband. Die Sonne kann bei der Ausgangslage nichts anderes tun, als das Ausgeschlossen-Werden, ja, das Sich-selbst-Ausschließen zu wiederholen. Kein Verband, in den sie sich begibt, entspricht ihr. Wenn sie sich jedoch im ungeeigneten Verband arrangiert, wird Mars-Pluto zum Zerstörer von Reichen und Königen, insbesondere wenn diese ihr König-Sein nicht leben. Luther bezeichnete sich als ein Mann des „gemeinen“ Volkes. Das Reich der katholischen Kirche/des Papstes war ihm ein Dorn im Auge, er erschuf also eine neue Kirche.

Mars-Pluto ist vor allem die Angst vor dem Bösen, bzw. im Zwang des Bösen zu sein; indem man rein und gut bleiben will, macht man letztlich genau das, was man versuchte zu vermeiden: man wird böse. Schließlich wird man zu seinem Handlanger. Was tut das Böse in diesem Fall? Es regelt in Vorgängen die Verteilung der Reviere.

Die Rückseite von Mars-Pluto ist Sonne-Neptun – zwar hier nicht als offensichtliche Konstellation vorliegend –, der besagt, dass man potentieller, aber verhinderter König ist. Als solcher und als Konkurrent für den an der Macht Seienden muss der Träger sich tarnen, sein Dasein (sein Geschehen als Leben) verstecken. Zum Engramm der Königskonkurrenz gehören außerdem als Endkonsequenz Sonne-Pluto und Mars-Neptun. Es fehlen Uranus-Saturn-Jupiter, so dass die Vorstellung des Reinen im Neptun-Pluto zum Programm wird bzw. im Mars-Sonne zur Verneinung des Lebens als Geschehen der Gestalt zu Selbstvernichtung oder zum Morden führen kann. 

1517 verfasst Luther 34-Jährig 95 Thesen und schickt sie an den Erzbischof von Mainz. Am 31.10.1517 soll er sie an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg genagelt haben. Hier sind die ersten zehn Thesen:

  1. Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht „Tut Buße“ usw. (Matth. 4,17), hat er gewollt, daß das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.
  2. Dieses Wort kann nicht von der Buße als Sakrament – d. h. von der Beichte und Genugtuung -, die durch das priesterliche Amt verwaltet wird, verstanden werden.
  3. Es bezieht sich nicht nur auf eine innere Buße, ja eine solche wäre gar keine, wenn sie nicht nach außen mancherlei Werke zur Abtötung des Fleisches bewirkte.
  4. Daher bleibt die Strafe, solange der Haß gegen sich selbst – das ist die wahre Herzensbuße – bestehen, also bis zum Eingang ins Himmelreich.
  5. Der Papst will und kann keine Strafen erlassen, außer solchen, die er auf Grund seiner eigenen Entscheidung oder der der kirchlichen Satzungen auferlegt hat.
  6. Der Papst kann eine Schuld nur dadurch erlassen, daß er sie als von Gott erlassen erklärt und bezeugt, natürlich kann er sie in den ihm vorbehaltenen Fällen erlassen; wollte man das geringachten, bliebe die Schuld ganz und gar bestehen.
  7. Gott erläßt überhaupt keinem die Schuld, ohne ihn zugleich demütig in allem dem Priester, seinem Stellvertreter, zu unterwerfen.
  8. Die kirchlichen Bestimmungen über die Buße sind nur für die Lebenden verbindlich, den Sterbenden darf demgemäß nichts auferlegt werden.
  9. Daher handelt der Heilige Geist, der durch den Papst wirkt, uns gegenüber gut, wenn er in seinen Erlassen immer den Fall des Todes und der höchsten Not ausnimmt.
  10. Unwissend und schlecht handeln diejenigen Priester, die den Sterbenden kirchliche Bußen für das Fegefeuer aufsparen.

Da lesen wir seine Wut – die Wut gegen den Ablasshandel. Worum es dabei ging? Als Theologieprofessor und Prediger hatte Luther feststellen müssen, dass viele Menschen aus Wittenberg nicht mehr zu ihm in die Beichte kamen, sondern in die brandenburgischen oder anhaltinischen Nachbarstädte reisten, um dort Ablassbriefe (vor allem den Petersablass) zu kaufen. Die Praxis des Ablasskaufs ersetzte damit die Beichte. Die Tatsache, dass man sich sein Seelenheil erkaufen konnte, lief Luthers Überzeugung völlig zuwider. Dass jeder sich ein Leben lang in Demut der Gnade Gottes anvertrauen müsse, entsprach seiner Art von Glauben.

Der Handel mit Ablassbriefen hatte vor allem seit 1507 zugenommen, da die Kurie in Rom und der mit dem Ablasshandel in Deutschland beauftragte Bischof Albrecht von Brandenburg in immer stärkere Geldnot gerieten. Der in Anhalt und Brandenburg Ablassbriefe verkaufende Dominikanermönch Johann Tetzel erledigte seine Arbeit in recht anpreisender Weise, bei der auch schon die eine oder andere Legende im Umlauf war. Bei Tetzel – so wurde kolportiert – könne man auch die Sünden Verstorbener tilgen lassen. Auch Sprüche Tetzels, wie „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“, sollen bei Luther Proteste hervorgerufen haben.

Die römische Kurie war wenig erfreut und erklärte die Thesen für ketzerisch, Luther wurde verhört, verweigerte aber den Widerruf. Im Juni 1519 relativierte er die Konzilien, bestritt aber weiterhin das göttliche Recht des Papsttums, 1520 verbrannte er in Wittenberg die Bulle des Papstes und wurde im Januar 1521 exkommuniziert. Da war er 38 Jahre alt und lief durch den Fisch (Fügungsrhythmus) und den Wassermann (Phänomensrhythmus). 

m-luther-12septar

12. Septar im 12er Rhythmus auf das Radix der Geburt.

Aus dem 12. Septar auf das Geburtshoroskop kann das Prinzip der Gestalt des Zeitlichen, d.h. dessen, was dem zugrunde liegt, das im Verlauf seines Lebens von ihm in die Gegenwart zu bringen ist. Das nebenstehende Radix zeigt Luthers 12. Septar im 12er Rhythmus:

Die Gegenwart, das Bewusstsein, finden wir im 7. Haus eine Sonne-Pluto-Konjunktion (7°-Radius). Skorpion ist im 7. Haus eingeschlossen: Kürzel hier: die belegte Gegenwart. Im Ausgangszeichen Schütze (von Haus 8 nach 7) steht kein Planet – Jupiter als Bewegungselement steht in Haus 6. Das Endzeichen ist Waage (leitet von Haus 7 zu 6 in den subjektiven Quadranten über) mit einer Venus ebenfalls in 6.

Die belegte Gegenwart, die Verdrängung der Gestalt ins Identitätslose wird in Haus 6 zum Umstand des Lebens. Zum Umstand gehören auch der Mars vom Aszendenten in der Jungfrau. Mars ist mondhaltig (Mond in 12 in Opposition zu Venus (kommt auch aus Haus 1): Mond-Venus ist die Rückseite von Jupiter-Uranus. Zwischen beiden steht Saturn als Maß der Bestimmung, das die Gestalt des Endlichen in Haus 7 Gegenwart werden lässt. Eigentlich. In diesem Septar steht Saturn in den Fischen in 12: Saturn-Neptun. Der Saturn muss auf dem Wege des Wassermann zunächst über den Uranus zum Ursprung geführt werden, später über den Weg des Steinbocks zum Neptun werden – das ist eine Rückführung an den Anfang. Saturn und Neptun stehen jeweils im Herrscherzeichen des anderen. Sie sind vertauscht. Hier hat jemand die Bestimmung, unter Absehung von seinem subjektiven Bedürfnis und im Auftrag des IV. Quadranten das Prinzip des Lebens in seiner Belegung der Gegenwart zu artikulieren, die Verhältnisse zu kennzeichnen. Der I. Quadrant ist ohne Planeten – es geht nicht um die Person oder um die Ausübung als Erscheinung. Der AC liegt auf Saturn-Neptun, was wiederum auf den Uranus hinweist, der auf einem GSP von Jupiter-Venus in Haus 11 steht. Die Aufnahme in die Gemeinschaft und die Integration, die Fügung eines Reviers, die Fertigung einer Konfiguration, Status und Prestige sind dem Jupiter-Venus wichtig. Bei Jupiter-Venus erwirbt man Rechte in der Gruppe, man hat die Berechtigung zu „Denken“.  Wenn an einem solchen Punkt ein Planet steht, begünstigt er oder stellt in Frage. Bei Luther war Letzteres gegeben.[3]

Döbereiner pflegte an solchen Stellen die „Alibifrage“ zu stellen: Was hätte er tun sollen? Und was für Folgen hatte es, dass er es nicht getan hat? 

Baustein 3: Vier Septare Luthers

Schauen wir uns die Geschichte von Neptun, Uranus – aber besonders von Saturn in diesen vier Septaren an.

Muss leider draußen bleiben, findet sich aber in der Langversion in meinem Ordner.

Baustein 4: Wie Luther das Deutsch erschuf

Vom September 1522 an arbeitete Martin Luther 11 Wochen lang an der Übersetzung des Neuen Testamentes. Er wollte, dass auch das des Lateinischen nicht mächtige Volk Zugang zu Gottes Wort hatte. 1534 schließlich lag die erste vollständige Bibel auf Deutsch vor („Die Heilige Schrift“). Doch welche Sprache hat er als deutsche Sprache gewählt? Hat Sprache, hat Deutsch, nicht etwas mit Saturn zu tun?

„Deutsch ist ein Adjektiv. Das deutsche Volk ist gleichsam doppelt gemoppelt. Denn Deutsch heißt völkisch. Ins Neuhochdeutsche übersetzt. Kommt von dem alten Wort aus der Karolingerzeit überliefert Theodisc, althochdeutsch, das heißt: in der Sprache des Volkes. Was anderes heißt das nicht. Und die Deutschen sind die, die in ihrer Sprache sprechen. Was ihre Sprache dann ist, das wird damit nicht ausgedrückt. Die Sprecher dieser Sprache waren Bayern, die sprachen Bayerisch, waren Alemannen, sprachen Alemannisch, waren Franken, sprachen Fränkisch, und so weiter.“ Johannes Fried (Historiker) im Deutschlandfunk, am 25.12.2015

In seiner „kurzen Geschichte der deutschen Sprache“ geht J. Bär [2] von erstmals in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts dokumentierten zur germanischen Sprachfamilie gehörenden Schreib­sprachen aus, die als Vorstufe des Deut­schen gelten können. Bär verwendet nicht die traditionelle Bezeichnung alt­hochdeutsche Periode (etwa 750-ca. 1000) der deutschen Sprachge­schich­te, sondern be­vor­zugt für sie ebenfalls die Bezeichnung theodisk. Althochdeutsch blendet seiner Meinung nach die sprachhistorisch re­le­van­te, nur wenig jüngere altniederdeutsche (auch: alt­säch­si­sche) Schreibtradition aus, während sich theo­disk sowohl auf hoch- wie auf nieder­deutsche Sprachzeugnisse beziehen lässt. Bei den gefundenen Dokumenten handelt es sich nämlich nicht nur um einen einzigen, son­dern um mehrere ganz unterschiedliche Schreib­dia­lekte, von denen nur einige zum Hochdeutschen zu rechnen sind bzw. die Sprachformen dokumentieren, bei denen die zweite Lautverschiebung vollzogen ist.

Exkurs: Die Lautverschiebung

Das Hochdeutsche bildete sich im Unterschied zu den übrigen germanischen Sprachen und Dialekten (auch zum Niederdeutschen) durch die „zweite oder hochdeutsche Lautverschiebung“ heraus.

Am Ende der Völkerwanderungszeit, wahrscheinlich zwischen dem 6.-8. Jahrhundert nach Chr., veränderte sich das Konsonantensystem zum zweiten Mal: u.a. wurde p und pp zu pf, t zu s und k zu ch, so dass z. B. engl. plough und apple gegenüber dt. Pflug und Apfel steht, engl. that gegenüber dt. das und engl. make gegenüber dt. machen.

Ab etwa dem Jahr 1000 taucht die schriftlich belegte Form diutisc, ab dem 12. Jahrhundert dann diutsch (gesprochen: dütsch mit langem ü) auf. Beide lassen sich etymolo­gisch aus der femininen, heute aus­ge­stor­benen, Form diot, diet (Volk, Volks­stamm) erschließen (Vornamen wie Diet­rich, Dieter oder Dietlind sind letzte Denkmäler dieser Silbe). Sowohl zur ger­ma­ni­schen Vor­form theoda (die allerdings nicht belegt ist) als auch zu diutisc lässt sich das Ad­jek­tiv theo­disk bilden, das dann wörtlich so viel wie völ­kisch, d.h. volkhaft, nach Art des Volkes, dem Volk zu­ge­hö­rig bedeutet haben muss. Gut belegt ist dagegen seit Ende des 8. Jahr­hunderts die mittellateinische Entsprechung theo­discus, die aber ebenfalls nicht deutsch in unserem landläufig verwendeten Sinne bedeutet, sondern volkssprachlich (= die Sprache, die das Volk spricht, während die Gelehrten Latein sprechen).

Sprache des Volkes könnte theoretisch im karolingischen Fran­kenreich also durchaus auch eine romanische Volks­spra­che, z. B. Altfranzösisch, gewesen sein. Der älteste theodiscus-Beleg aus dem Jah­re 786 zeigt allerdings, dass es sich eher um Sprachen der germanischen Sprachfamilie handelte.[2] Das Wort diutsch bedeutet übrigens später sprach­li­che Ge­meinsamkeit (nicht aber sprachliche Einheit): Immer noch bezeichnet der Begriff die Unterscheidung in eigene Sprache und fremde Spra­chen (v.a. Latein und Altfranzösisch).

Die Volkssprache, Sprache des Volkes, hielt nun aber für die meisten Inhalte schlicht die entsprechenden Wörter nicht bereit und musste viele Ausdrücke aus den klassischen Sprachen, vor allem aus dem Lateinischen, übernehmen. Schon vor Beginn der deutschen Sprachgeschichte überhaupt wurden also Fremdwörter entlehnt und in die Sprache aufgenommen.

Dass diese zuerst „eingewanderten“ Wörter inzwischen wie einheimische klingen und aussehen, erklärt sich aus dem großen zeitlichen Abstand: Die älteren Fremdwörter haben inzwischen verschiedene Lautwandelerscheinungen durchlaufen und wurden von den Sprechern assimiliert.

Was die Übernahme von Wörtern aus anderen Sprachen angeht, war schon damals  – bis heute hat sich daran nicht viel geändert – die Verwendung „fremdsprachlicher Wörter“ ein Zeichen für Bildung und Kultiviertheit, mit der man glänzen konnte. Dass es dabei zu falscher Aussprache und Verwendung kam und kommt, sehen und hören wir jeden Tag. Den Zusammenhang zwischen Weltläufigkeit einer Sprachgemeinschaft und dem Grad der Fremdwortassimilation könnte man auch so formulieren: Je höher der Grad der allgemeinen Bildung, desto weniger werden Fremdwörter eingedeutscht.

Exkurs: Herausbildung der Formen

Wie ihre germanischen Vorstufen gehört die Sprache Diutsch des 8. und 9. Jahrhunderts zum synthetischen Sprachentyp mit einem vollständigen flexionsmorphologischen System. Deklinations- und Konjugationsformen erkennt man an spezifischen Endungen, weshalb Substantive prinzipiell keinen Begleiter brauchen, der ihren Kasus und Numerus anzeigt. Die Begleiter der Substantive, die im späteren Deutschen der bestimmte Artikel werden, bilden sich nach und nach heraus – in dem Maße wie sich die spezifischen Endungen verwischen und wegfallen. Der bestimmte Artikel entsteht dabei aus dem Demonstrativpronomen ther / thie / thaz.

Bis in die Reformationszeit, sprich zu Zeiten Luthers, galten regional unterschiedliche Schreibvarietäten nicht als Verletzung der Norm, sondern waren sogar normal. Aus der sprachlichen Vielfalt resultierte keine Forderung nach sprachlicher Einigung und perfekter Beherrschung einer Sprachform. Bis jetzt galt vielmehr die prinzipielle Kompetenz in mehreren verschiedenen Varietäten als erstrebenswert, d.h. es herrschte Multilingualität sowohl in der Gemeinschaft als auch individuell. Die sich treffenden Sprachen veränderten sich dabei in gegenseitigem Einfluss lautlich und lexikalisch, veränderten sich auch voneinander weg, so dass es zu neuen Varietäten kam.

Im hochdeutschen Sprachgebiet lehnen sich im 15. Jahrhundert verschiedene Schreibsprachen einander an, allerdings andere als noch Ende des 12. Jahrhunderts. Im Zuge der deutschen Ost­besied­lung hatten sich spätestens seit dem 11. Jahrhundert deutsche Siedler aus wirtschaftlichen und sozialen An­reizen in slawisch be­völ­ker­ten Gebieten niedergelassen. Dort waren – während das Altreich auseinandersplitterte – großflächige, zentral regierte Territorialstaaten ent­standen, in denen einheitliche Verwaltungen mit ein­heit­lichen Schreibgewohnheiten existierten. Ein ostmitteldeutsch-nordoberdeutsch-ostoberdeutscher Schreibverbund entstand, der sich vom Westoberdeutschen unterschied.

In bestimmten Textsorten etablierte sich in der Folgezeit immer stärker eine konzeptionelle Schriftlichkeit, die nicht nur in einer sehr elabo­rierten Syntax (Ausbau der Nominalphrase und der Satzklammer), sondern in einer „Vertikalisierung“ des Varietäten­spek­trums (O. Reichmann) mündete. Heißt: Dialekte bzw. Basisvarietäten wurden zu Sprachen unterer Schichten. Die nun einsetzende Bemühung um die Durchsetzung sprachlicher Normen geriet zu einem Statussymbol, insbesondere des wirt­schaftlich und teils auch politisch mächtig werdenden Stadtbürgertums. Die Erfindung des Buchdrucks, die Einführung des Papiers bedeuteten darüber hinaus ein neues, aber sehr aufwendiges Medium – die teuren Drucke mussten in einer Sprache verfasst sein, die möglichst viele Menschen lesen konnten. Damit fielen Dialekte und kleinere Sprachen als Buchsprachen aus.

Hier tritt Luther auf den Plan. Da er nun seine Meinung über die katholische Kirche möglichst weit verbreiten wollte, entschied er sich für die Übersetzung der Bibel für die Adaption der Sprachform der sächsischen Kanzlei. In ihr fand er eine weithin gültige Varie­tät mit großem Prestige vor, und machte sie mit seiner Bearbeitung noch allgemeiner verständlich und einfacher. Lange wurde Martin Luther als der Schöpfer der neuhochdeutschen Schriftsprache ge­se­hen, inzwischen sieht man das differenzierter: Nicht allein die ostmitteldeutsch-nordober­deutsch-ost­ober­deutsche Schreibsprache ist Grund­lage der neuhochdeutschen Schrift­sprache.

Nach der Reformation spaltete sich die politische Land­schaft Deutschlands nicht nur aus par­ti­kularistischen Interessen auf, sondern noch zusätzlich aufgrund von Glaubens­kon­troversen: In den katholi­schen Süden und den protestantischen Norden. Es kam in der Nachzeit zu etlichen Sprachreformen, bei denen u.a. Justus Georg Schottelius (1612-1676), Johann Christoph Gottsched (1700-1766) oder Johann Christoph Adelung (1732-1806) maßgeblich mitwirkten. Einzelheiten an dieser Stelle nicht. Worin es mündete? – Was wir heute als die klassische Literatursprache kennen, wurde vor allem durch Schiller und Goethe, deren Werke seit dem 19. Jahrhundert als nationales Eigentum galten – zur kulturellen Vorbild­spra­che. Die Sprache Goethes – die der Dichter und Denker. Und doch gab es nach wie vor verschiedene Schrift- und Schreibvarietäten, die erst mit der Schreibnormierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts staatlicherseits vereinheitlicht wurden. Auf einer Konferenz im Jahr 1871 waren der Germanist Wilhelm Wilmanns und der Gymna­sial­lehrer Konrad Duden zugegen. Beide waren aufgrund von Arbeiten zur Orthographie­regelung bekannt, hatten vor allem Vorschläge zur Rechtschreibung an Schulen vor­ge­legt.

1901 wurde schließlich auf der Orthographischen Conferenz der deutschen Länder, in die auch Österreich und die Schweiz eintra­ten, die einheitliche Rechtschreibung für den gesam­ten deutschen Sprachraum gültig. Die Grammatik des Deutschen als Gesamtsystem ist – nach tiefgreifenden Veränderungen, die sich im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit voll­zogen hatten – in der Periode des mittleren Deut­schen einigermaßen konstant geblieben.[4] Bis jetzt.

Sprachen sind lebende Systeme und sind im Wandel – Aufbau und Abbau. Die Entwicklung des Deutschen in unseren Tagen ist – da komplexes System (und komplexe Systeme entziehen sich der Vorhersagbarkeit) – nicht vorauszusehen. Da ich aber als Deutschlehrerin (Deutsch als Fremdsprache) in der Mitte des Geschehens stehe und eine Antwort darauf suche, welches Deutsch ich hier eigentlich noch unterrichte und welches Deutsch meine Schüler nach Beendigung ihrer Kurse und im Zusammenleben mit all den anderen Deutschinterimssprachen sprechen werden, maße ich mir eine Hypothese an: Wenn auch überall sonst eine Abnahme der Vielfältigkeit festzustellen ist – in diesem Fall wird die Vielfältigkeit zunehmen. Das Deutsche (und neben ihm wird es viele weitere Erst- und Muttersprachen geben) wird eine Instrumentalsprache – eine Lingua franca – zwischen den vielen Sprachvarietäten, eine reduzierte Sprache, die gerade noch zulässt, dass Sprecher die nötigen Informationen in ihr austauschen. Es wird die Sprache des Volkes, während man „oben“ – bei den Eliten – Englisch, Arabisch oder Chinesisch sprechen wird.

Über Sprache allgemein wird es einen eigenen Artikel geben. Bald, aber nicht so bald.

Zusammenschau

Viel ist in den letzten Tagen zusammengekommen: die Wahl des nächsten amerikanischen Präsidenten brachte nicht Hillary Clinton an die Spitze, sondern einen Mann (über den an anderer Stelle noch zu schreiben sein wird), der über seine Landesgrenzen hinaus (willentlich oder unwillentlich) ganze Nationen spaltet. Der Tag, an dem dies in die Welt trat: ein 9.11.!

Nun gelten Horoskope nicht nur für Menschen, sondern auch für Ereignisse, Vorfälle oder Gründungen und mehr. Doch bleiben wir auf deutschem Boden – es gibt hier genug und reichlich anzuschauen und zu begreifen. Es jährt sich also 2017 der offizielle Beginn der Reformationsbewegung zum 500. Mal. Damals – so ist die eine Lesart – entstand etwas Neues, Fortschrittliches, Weiterbringendes, das mit alten Dogmen und überkommenen Werten aufräumte. Damals – wurde eine Trennung vollzogen. Damals – wiederum wie wir lesen bzw. es finden – soll die deutsche (Schrift-)Sprache entstanden sein, sie wurde geeint (wie 1989 die zwei Hälften eines getrennten Ganzen?) und konstruiert. Einheit entsteht nicht, nur weil man den Plan hat. Einheit muss wachsen und Wachstum geschieht absichtslos. Heute – steht diese deutsche Sprache wieder zur Debatte. Was damals unter bestimmten Voraussetzungen gefügt wurde, entfügt sich derzeit wieder und zerfällt. Daran ist nichts, das einen verzweifeln lassen müsste. Das ist der Lauf der Dinge, wenn sie unter Voraussetzungen beginnen. Und das tun alle Dinge in der Welt. Wenn Voraussetzungen und Umstände sich ändern, hat das eine Wirkung. Und das im Auf- wie im Abbau.

Nicht aber die Erde (also Gaia), sondern die Welt, die die Menschen aus ihr machen, hat ihr Prinzip verloren; es ist dem Menschen – wie gezeigt – der Ursprung abhanden gekommen, die Bestimmung gleich mit. Viel haben die Menschen erreicht – und zu welchem Preis?

Historiker, gute Beobachter und Astrologen überrascht die Entwicklung wenig. Sie und auch ihr Ende deutete sich längst an, entsprechende Hinweise und Stimmen gibt und gab es schon lange. Was aber in diesem Jahr hinzugetreten ist, ist die Sichtbarwerdung der Systemeigenschaft des Unkontrollierbaren, die sich in der Entwicklung des Internets verfolgen lässt und dem Zwang zur Globalisierung. Doch was ist Globalisierung – verkürzt hier als Schlusswort – anderes als die Heimatlosigkeit an sich? Ohne Ort müssen alle unterwegs sein. Im Unterwegssein aber kein Ankommen. Die Währung, mit der wir alle – kann sich noch jemand entziehen? – bezahlen, sind die Daten, die wir über uns weggeben. Was heißt weggeben – sie gehören uns schon nicht mehr. In dem Moment, wo ich hier sitze und tippe oder in irgendeinem Social Medium mit meinem Mauszeiger über einen Kommentar fahre, wird registriert, was ich tue.  

Zur Erfüllung dessen, was ansteht, suchen sich die Inhalte Repräsentanten, meistens Menschen, aber auch Regime, hinter denen wiederum Menschen stehen. Das ist mit dem neugewählten Präsidenten, einem anderen Präsidenten im Nahen Osten, selbst mit unserer Regierung nicht anders. Zurück zu Luther, der ein Prediger war und damit (zunächst nicht viel) seinen Unterhalt verdiente. Seine Tischreden ab 1531 waren bekannt, er hatte immer für genug Publikum in seinem Haus gesorgt, auch kamen Gäste und notierten seine Worte, seine Diskussionen und Reden.

Martin Luther beklagte die erstaunliche Stumpfheit und Undankbarkeit der Menschen, welche die Gaben und großen Wohltaten Gottes so geringschätzen. Ehe das Neue Testament übersetzt war, wollte es jeder gern haben und lesen. Nachdem es dann übersetzt war, hielt das nur vier Wochen an, dann verlangten sie Mose. Als der übersetzt war, lasen sie ihn nur vier Wochen lang. Dann forderten sie dringend den Psalter; als der übersetzt war, erwarteten sie anderes. So wird`s auch mit Jesus Sirach gehen, auf dessen Übersetzung wir viel Mühe aufgewandt haben. Alles dauert immer nur vier Wochen, danach wird etwas Neues gesucht. Dieses Verlangen nach immer Neuem ist für das Volk die Mutter aller Irrtümer. [5]

Luthers Erbe bis heute? –  Der Mensch erlangt Seelenheil nicht durch Geld oder fromme Werke, sondern allein durch die Gnade Gottes. (Verkürzt dargestellt, und der Vielfältigkeit nicht gerecht werdend.) Und: In seinem Verständnis und dem der meisten Reformatoren ist der Mensch immer schon im Zustand der Sünde. Dieser Zustand beeinflusst das eigene Handeln von Anfang an negativ. Schon das neugeborene Kind ist sündig, der also erwachsende Mensch sucht nach bzw. braucht Erlösung. Auch die Taufe kann die Erbsünde nicht auflösen. Der Christ wird von Gott gerecht gesprochen (Rechtfertigungslehre), nicht gerecht gemacht. Die menschliche Natur an und für sich bereits sündig noch vor jeder konkreten Tat? –  Klingen da nicht Döbereiners für den 9./10.11. gefundene Beschreibungen durch?

SO werden u.a. Religionen gestiftet und ausgebaut – an den einzelnen Schicksalen sogenannter ausgewählter Personen entlang. Erst sind sie es selbst, die eingreifen, und sind sie gestorben, dann wird etwas um sie herum gebaut. Und weil alles Leben im Fluss ist, die Alten unsere Vorläufer waren, wir die Vorläufer für Nächstes sind, war Luthers Werk ein Vorläufer für das Kommende, dessen Ankunft er nicht erlebte, aber in dessen Auswirkungen wir jetzt stehen. 

Und jetzt höre ich auf zu predigen. Jeder möge selbst nach- und vorlesen, nach- und vordenken.

Danke fürs Lesen.

 

[1] Luther begibt sich am 2. April 1521 auf die Reise nach Worms. Schon die Anreise zum Reichstag jedoch wird nicht zu dem von der Kirche erhofften Bußgang. Die Fahrt nach Worms gleicht eher einer Triumphfahrt, aller Orten wird Luther mit Begeisterung empfangen.
Er predigt in Erfurt, Gotha und Eisenach. Und auch in Worms, wohin er am 16. April gelangt, wird er vom Volk umjubelt empfangen. Sein Auftreten auf dem Reichstag wird als sachlich, klug und überlegt beschrieben. Er muß zweimal vor dem Kaiser erscheinen, jedesmal wird ihm deutlichst nahegelegt, seine Lehren zurückzunehmen, Luther jedoch sieht keinen Beweis gegen seine Thesen und Ansichten, der ihn bewegen könnte, seine Thesen zu widerrufen: „Wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, daß sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!“ Die berühmten Worte „Hier stehe ich und kann nicht anders!“ stammen nicht von Luther. vgl. http://www.luther.de/leben/worms.html

[2] Hofstetter, Yvonne, 2016, Das Ende der Demokratie – Wie die künstliche Intelligenz die Politik übernimmt und uns entmündigt

[3] Zum Leben Luthers mehr hier: http://www.mls-zwickau.de/cms44/124/ 

[4] aus: Seiferth & Afshar, 2016, LETHE – Deutsch lernen mit Konzept, Kapitel 5.1. S. 23 ff

[5]  MARTIN LUTHER, TISCHREDEN, RECLAM-VERLAG, TZ 546, SEITE 220 

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