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VON DER PHONETIK

Fragmente zur Phonetik der deutschen und der persischen Sprache

Phonetik
Die Phonetik ist ein Unterfach der Sprachwissenschaft, und  beschäftigt sich mit den Lauten und der Aussprache von Sprachen.

Linguisten sind die Leute, die immer dann, wenn neue Völker entdeckt wurden, herangezogen wurden, damit sie das Lautesystem der unbekannten Sprachen aufnahmen und dechiffrierten.

In guten Wörterbüchern können Sie hinter den gesuchten Wörtern in der anderen Sprache eine sogenannte phonetische Schreibweise finden. Diese gibt Auskunft darüber, wie ein Wort ausgesprochen wird. Ein solches Transkriptionssystem zu entwickeln, ist u.A. die Arbeit der Phonetiker (in der Anwendung) und der Phonologen (in der Zusammenstellung) des Lautinventars.

Wenn Kinder sprechen und Erwachsene Sprachen lernen, lernen sie sowohl die Artikulation von Lauten als auch die dazu gehörige Bedeutung, die dieser Lautfolge in der jeweiligen Sprache entspricht. Die Aussprache von Sprachen unterscheidet sich bisweilen erheblich voneinander. Laute, die es in der einen gibt, gibt es in der anderen Sprache nicht. Es kann auch sein, dass Laute der einen Sprache in der anderen in einem anderen lautlichen Umfeld stehen, und gerade deshalb ungewohnt schwierig auszusprechen sind.

Wenn man Laute der Zielsprache nicht so ausspricht, wie sie nun mal zur Sprache gehören, dann spricht man mit „Akzent“. Am Akzent kann man – wenn man ein gutes Ohr und eine Kenntnis von Phonetik hat – erkennen, woher, d.h. aus welcher Ausgangssprache, das Gegenüber stammt.

Eine Abweichung der Aussprache mag nun sehr charmant klingen und nur wenig stören, aber er kann bei starken Ausspracheabweichungen zu Verständnisschwierigkeiten führen. Wir sprechen dann von „Akzent“ in einer Fremdsprache, wenn ein Mensch nach der vollständigen Entwicklung seines muttersprachlichen Sprechapparates (Mundmotorik) eine Sprache lernt, deren Lautrepertoire in seiner Sprache nicht auftaucht. Er kann diese Laute nicht oder nur mit Mühe produzieren. Die vollständige Entwicklung ist etwa mit 12-14 Jahren erreicht. Kinder, die vorher eine zweite, dritte Sprache lernen, können diese mühelos in der richtigen Aussprache lernen.

Neben der Aussprache der Laute gehört zu einer Sprache natürlich auch die Sprachmelodie und die Betonung der Wörter. Wenn auch diese extrem fremd klingen, versteht ein Muttersprachler den Sprecher nicht, selbst wenn der grammatisch richtig sprechen mag. Deutsche haben auf Persisch einen ganz speziellen Akzent, wie umgekehrt auch Iraner eine ganz bestimmte Akzentfärbung in ihrem Deutsch haben.

– Wie diese zustande kommen? – Davon mehr in den nächsten Abschnitten, hier sind einige – längst nicht alle – Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Deutsch und Persisch zusammengefasst. Das Ganze war einmal als Phonetikbuch für Deutsche gedacht, deshalb habe ich auch die Übungen darin gelassen. Vielleicht ergibt sich einmal, dass ich endlich die Aufnahmen anfertige. Wer weiß.

1. Arbeitsbegriffe

Laute kann man einteilen

(1)    nach stimmhaft oder stimmlos (zum Testen einen Finger an den Kehlkopf legen und spüren, ob der vibriert oder nicht) (z.B. das /s/ in Susanne = stimmhaft, los = stimmlos)

(2)    nach Artikulationsart, das heißt, auf welche Weise der Luftstrom modifiziert wird – bei Konsonanten etwa plosiv = mit Luft), frikativ (gerieben zwischen Lippe und Zähnen), nasal (durch die Nase): z.B. /p/ in plump = plosiv,  /ng/ in lang = nasal, /f/ in Folge, fünf = frikativ

(3)    nach dem Artikulationsort (also an welchem Ort der Luftstrom modifiziert wird). Die Artikulationsorte sind (s. Zeichnung):  2. labial 3. dental, 4. alveolar, 5. postalveolar, 7. palatal,  8. velar, 9. uvular, 11. glottal

Das deutsche /b/ ist ein stimmhafter, bilabialer Plosiv. Das /v/ ein stimmhafter, labio-dentaler Frikativ. Bei uvularen Lauten, z. B. dem deutschen /g/ kann man mit dem Zeigefinger das Zäpfchen spüren. Dieser Laut ist stimmlos. Der persische und der deutsche ach-Laut (/x/) sind ein stimmloser velarer Frikativ.

grafik1

Der stimmlose uvulare Plosiv /q/ (am Gaumenzäpfchen gebildeter Verschlusslaut) ist ein Konsonant, bei dem ohne Beteiligung der Stimme die Atemluft kurz unterbrochen und dann wieder freigegeben wird („Plosiv“); dies geschieht durch ein kurzes Anschlagen der Zunge am Gaumenzäpfchen. Es ist z.B. der Laut, der den meisten Deutschen (vor allen Dingen im Arabischen oder in einigen spanischen Lehnwörter aus dem Arabischen) viele Schwierigkeiten bereitet.

Der Laut /h/ wie in dt. Haus ist ein Glottal. Es ist ein gespannter,  regressiver Verschlusslaut, der bei Verschluss und plötzlicher Öffnung der Stimmlippen (siehe Kehlkopf) entsteht.

2. Das persische Lautsystem

Sehen wir uns die persischen Laute an (die Liste ist übrigens vereinfacht).

Das neupersische Konsonantensystem

p, b, f, w, m Labiale t, d, s, z; l, n, r Dentale
k, g Velare (o. Plosiva) j Frikative
 h, ° Glottale t , d Affrikate
č, ğ, š, ž, y, j Palatale G, x, q Uvulare


Das neupersische Vokalsystem

a, e, o Kurze Vokale
i:, u: (/je/ und /waw/), a: (/a/) Langvokale
i, u Halbvokale
ei, ou Diphtonge

3. Laute, die es im Deutschen, nicht aber im Persischen gibt

  • eine quantitative Opposition zwischen langen und kurzen Vokalen wie in den deutschen Wörtern:

Miete  – Mitte                    Bahn  –  Bann

Ruhm  – Rum                     Beet   –  Bett

  • Im Persischen: Keine Konsonantengruppen am Wortanfang. Konsonantenzweiergruppen gibt es dagegen am Wortende oder im Wort. Nur in Fremdwörtern oder bei Wortverbindungen finden sich im Persischen Dreiergruppen. Da es z.B. keine Kombinationen wie die st-, sp-, schm- usw.  gibt,  wird der deutschsprechende Iraner dazu tendieren, in deutschen Wörtern ein -e- einzufügen.

                                   TankEstelle – EStation – EStein – ESchule usw.

  • Eine Endsilbenreduktion (akzentlos) wie den deutschen Murmellaut (∂) in „Kette“

/kate/            nicht       /kat∂/           /sªken/        nicht                /sªk∂n/

  • Zwar hat diese Endsilbenreduktion keine bedeutungsunterscheidende Auswirkung, hebt jedoch den deutschen Akzent   hervor.
  • Der deutsche /a/-Laut ist ein Mittelzungenlaut und kann keinen der beiden pers. /a/-Laute ersetzen. Deutsche kennen diese Unterscheidung nicht – sie hören den Unterschied schlichtweg nicht. Das prägt den deutschen Akzent, wenn sie Persisch sprechen.

4. Laute, die es in Persisch und Deutsch gibt

  • Der Hiatus taucht zwischen zwei Vokalen häufig als glottaler Verschlusslaut auf:

dt.:  Beamter, beatmen, ghanaisch, beeilen

pers.: /tabi ٔat/      „Natur“       /si ٔªh/   „schwarz“

  • Hiatustilgende Konsonanten sind Konsonanten, die in der fortlaufenden Rede zur Trennung von zwei Vokalen verwendet werden. Sie sind eine Besonderheit der pers.  Sprache. Als Hiatustilger werden dann /y/, /v/, /h/ verwendet:

dt.: Feuer (/foi-y-er/), Eier //ai-y-a/)

pers.: /bozorgi-y-aš/, /rouhªru-y-un/, /bªzu-v-ªn/, /rªdio-v-am/, /be-h-eš/, bª-h-ªš/

  • Konsonanten-Verdopplungen: Das tašdid ist nicht zu verwechseln  mit der ähnlichen Erscheinung der deutschen Schrift, sondern ist ein unterscheidendes Merkmal auf der Lautebene. Folgende Minimalpaare  verdeutlichen das:

pers.: /hªdi/          /hªddi/                   /banª/      /bannª/

pers.: /kore/          /korre/                  /mªde/   /mªdde/

dt.: komm!              Koma                       Kamm       kam

dt.: offen                  Ofen                          gross         groß

  • Das tašdid bereitet deutschen Lernern einige Schwierigkeiten, weil die Verdopplung nichts mit der vorausgehenden Kürzung des Vokals zu tun hat, sondern tatsächliche die längere Aussprache des Konsonanten bewirkt. Das gibt es im Deutschen nicht.


5.  Was die beiden Sprachen besonders unterscheidet

  •    Bei den Vokalvariationen /a/ und /ª/ handelt es sich um unterschiedliche Qualitäten.

/a/  Vorderzungenvokal    –      /ª/  Hinterzungenvokal

  •   /k/ und /g/ werden vor /a/ palatal ausgesprochen: /kalam/  –   /galle/
  •   Ein vokalisiertes /r/ wie in Tor,  in dem ein reduziertes /a/ gehört  wird, gibt es im Persischen nicht:  /por/ „voll“ darf   nicht  wie /poa/ ausgesprochen werden, weil es dann wie pa „Fuß“ klingt, was zu Missverständnissen führt. Diese qualitative Veränderung ist phonematisch sehr relevant.
  • Die Verschlusslaute b, d, g werden im Auslaut deutscher Silben stimmlos und als p, t, k realisiert. Stimmhafte Auslaute realisieren Deutsche fast nur in Fremdwörtern.

Hund        –      /hunt/                        taub     –     /taup/

  • Ebenso ist es mit den Reibelauten: stimmhaftes w, z, zh werden zu stimmlosem f, s, sch.
  • Die fehlende Auslautstimmhaftigkeit kann in persischen Wörtern zu Bedeutungsunterschieden führen:

/qªb/  „Rahmen“       /qªp/             „Würfel“

/pªd/  „gegen“           /pªt/               „patt“

/bªng/ „Schrei“         /bªnk/             „Bank“

/gªw/  „Kuh“             /gªf/                  Buchstabe /g/

/ruz/    „Tag“             /rus/                 „Russe“

/guz/    „Buckel“       /guš/               „Ohr“

  • Die velare Aussprache von /k/ und /g/ am Wort- bzw. Silbenende. Im Persischen werden sie im Silbenauslaut palatalisiert. Eine falsche Realisierung führt zwar nicht zu Missverständnissen, bewirkt jedoch einen extrem fremdsprachigen Akzent. Vor dunklen Vokalen ist die Palatalisierung zum Teil verloren gegangen, so dass hier velar realisiert wird.

/tang/   „eng“              /sang/              „Stein“

/ğang/   „Krieg“          /yek/                „eins“

/xªk/  „Erde“                /pªk/              „sauber“

  • Richtig für das persische /k/ und /g/ ist ein Laut wie im deutschen Anlaut in Wörtern wie

Gießen            oder                 Kiel


5.1 Die beiden a-Laute im Persischen – ein bedeutsamer Unterschied

grafik3

Nicht nur im Laut, sondern auch im Umschriftbild unterscheiden sich die beiden! Der kurze, helle Laut /a/ ist in der Umschrift mit a wiedergegeben, das länger und halboffen gesprochene  /ª/ (wie im Bayrischen) ist in der Umschrift ā (manchmal lesen Sie auch  ª).

Beispiel:

 /a/  a wie in dt. Katze, offener vorderer Laut
 /ª/  ā wie in kochen, halboffener hinterer Laut

Übung 1         Sprechen Sie laut

man – dars – dah – kardan – dast – wali

daftar – nafar –  pedar – mardom

Übung 2         Sprechen Sie laut

mā –  dāst – bāz

māmān – anha

Übung 3         Sprechen Sie laut

daftar    –     āb                                     nafar    –     pā

Übung 4         Hören Sie und sprechen Sie nach

ādam –  salām – šoma – išān – māšin

Übung 5         Was hören Sie?

nafār nafar madār mādar kenār kenar
Ο Ο Ο Ο Ο Ο
           
pa cahār cāhar tab tāb
Ο Ο Ο Ο Ο Ο
           
salām salam ab āb dast dāst
Ο Ο Ο Ο Ο Ο

 

Übung 6         Sprechen Sie!

mādar bā pedar raft.

Amir bā māšin āmad.

Ahmad medād nadārad.

man to rā dust dāram.

awalin dars ast.

mard asb rā āward.

Übung 7         Sprechen Sie dreimal hinterher, immer schneller werdend!

Pedaram miyād piše mādaram, mādaram miyād piše man. Na, nemiše!

 5.2  Die Laute /tsch/ und /dj/

g5

g4


Dem Laut /tsch/ entspricht in der Umschrift das Zeichen č. Der Buchstabe dazu heißt č(e). Für Deutsche bedeutet seine Aussprache kein größeres Problem, solange er in einer bekannt lautenden Nachbarschaft vorkommt. Problematischer wird er in Kombination mit dem persischen /x/, /q/, /ğ/ und /r/.

Der Laut /dj/ ist 1. ein plosiver, 2. ein Reibelaut, d.h. erst beginnt man mit Luftdruck, der dann langsam abgebaut wird. In deutschen Wörtern kommt der Laut selten, in Lehnwörtern (Dschungel, Gin, Journal) häufig vor. Im Persischen ist der Laut sehr häufig, in der Umschrift schreiben wir /ğ/. Der Buchstabe dazu heißt ğ(im).

/tsch/ č Affrikat wie in deutsch
/dj/ ğ Affrikat wie in engl. Gin

Übung 1              Anlaut

              čap – čador – čahār – čatr – čehel – čerā – četor – če – či – čand

Übung 2               Inlaut

                kuček – bače – hiči

Übung 3                Kombination mit anderen Mitlauten

                 hič ğa – čašm – yaxčal

Übung 4               Anlaut

                           ğalebe – ğawān – ğodā – ğom‘e – ğurāb – ğur

Übung 5              Inlaut

                            ğuğe – darağe – tāğer – koğa – goğe – inğa

Übung 6               Auslaut

                           panğ – narānğ

Übung 7               Kombination mit anderen Mitlauten

                          senğed – dānešğu – masğed – hič ğa – ğašn

Übung 8                Sprechen Sie laut!

                         panğ ğuğe dar ğangāl.

                         ğurāb koğa -st?

                          ğoğe hič ğa bud.

                          ğom‘e če ğur ast.

Übung 9               Sprechen Sie laut!

                          čahār tā čador

                          čehel tā čatr bā čahār bače


5.3 Die Laute /x/ (/ch/) und /q/(/gh/)

Das Deutsche kennt zwei /ch/- Laute. Je nachdem, ob sie mit hellem Vokal (e, i, ü, eu, ö, ä, ei) oder mit dunklem Vokal (a, o, u, au) zusammenstehen, ist der Artikulationsort unterschiedlich. Eine regional-dialektale bildet das Bayrische. Dort wird z.B. das hochsprachlich mit hellem /ch/ ausgesprochene /durch/ zu einem mit „dunklem“ /ch/.

hell

weich
licht
echt
möchte
Nächte
feucht
Milch
Mädchen

dunkel
doch

lachen
Buch
Bauch
  • Der dunkle (ach)- Laut ist ein stimmloser, velarer bzw. uvularer Laut. In der Umschrift schreiben wir /x/, er entspricht im Persischen dem Buchstaben x(e).
  • Der ach- Laut wird Deutschen dort Schwierigkeiten bereiten, wo er im Umfeld der hellen Vokale auftaucht.
  • Das stimmlose uvulare /gh/ ist im Deutschen unbekannt und kommt im Persischen in den arabischen Lehnwörtern vor. Hier behandeln wir zunächst den Laut mit der Umschrift /q/ und den Buchstaben q(āf). Dieser Laut muss sehr gezielt geübt werden; Deutsche vermeiden ihn möglichst und ersetzen ihn durch den /ch/- Laut oder durch /k/. /gh/ wird am Gaumenzäpfchen gebildet und ist ein Verschlusslaut, der ohne Stimme mit Unterbrechung der Atemluft dann freigegeben wird (Plosiv). Die Zunge schlägt dabei ganz kurz am Gaumenzäpfchen an. Indem Deutsche nun versuchen, diesen Laut zu umgehen, wird ihr deutscher Akzent sehr deutlich hörbar.

Übung 1            Anlaut, hören Sie und sprechen Sie nach!

qeymat – qermez – qašang – qorm-e sabzi

Übung 2           Anlaut, hören Sie und sprechen Sie nach!

xāndan – xānom – xāli – xar – xodā – xaste

Übung 3          Inlaut, hören Sie und sprechen Sie nach!

doxtar – saxt – āxar – taxfif

Übung 4          Inlaut, hören Sie und sprechen Sie nach!

kāqaz – waqt – inqadr – daqiqe

Übung 5          Auslaut, hören Sie und sprechen Sie nach!

waraq – morq – somāq – duq – damāq

Übung 6           Auslaut, hören Sie und sprechen Sie nach!

sorx – yax – talx

Übung 7          Hören Sie und Sprechen Sie!

qeymat – xāndan

qašang – xānom

qorme – xāli

qazā – xaste

Übung 8          Hören Sie und sprechen Sie!

doxtar – kāqaz

saxt – waqt

āxar – daqiqe

taxfif – inqadr

Übung 9           Hören Sie und sprechen Sie!

morq – talx

duq – yax

somāq – sorx

 Übung 10        Sprechen Sie!

xānom-e qašang

damāq-e sorx wa doxtar-e qašang

waqt-e saxt

morq-e xaste qorm-e sabzi xord

xānom-e qašang qazā-ye talx xord

 
5.4 Der R-Laut /r/

Der pers. Schwinglaut /r/ ist für deutsche Zungen eine Herausforderung, und er wird in allen lautlichen Umgebungen gleich ausgesprochen. Deutsche Zungen versuchen, sich gemäß ihrer Gewohnheit verhaltend, diese deutschen Aussprachen anzuwenden. Das ergibt einen extrem deutschen Akzent. Im Deutschen gibt es neben dem reinen Zungenspitzen-r (eher nicht verbreitet) noch drei weitere,  mehr oder weniger regional bedingte /r/-Variationen:

  • das alveolare Zungenspitzen-r wird als velarer Reibelaut mit Schwingung realisiert (Zäpfchen-r) (Norddeutschland!). Das norddeutsche Zäpfchen-r ähnelt allerdings dem persischen Reibelaut /q/; /r/ und /q/ sind im Persischen phonematisch relevant.
  • Reduktion des Schwinglautes in finaler Stellung zu einem vokalischen Laut, z.B. in der, einer, mehr im natürlichen Sprachgebrauch und vor dem Hintergrund eines Vokals. Die deutsche Gewohnheit, im Auslaut das /r/ zu reduzieren, darf in keinem Fall auf das Persische übertragen werden.
  • ein konsonantisches /r/ in initialer Stellung, z.B. in Fürst, werden


5.5 /k/ und /g/

  • /k/ und /g/ werden vor /a/ palatal ausgesprochen: /kalam/und /galle/, d.h. dass der Laut am Gaumen gebildet wird. Die Zunge hat direkten Kontakt mit dem vorderen (harten) Gaumen bzw. nähert sich diesem an.
  • Richtig für das persische /k/ und /g/ ist ein Laut wie im deutschen Anlaut in Wörtern wie  Gießen oder Kiel.
  • Beide Laute werden ebenso im Silbenauslaut palatalisiert. Eine falsche Aussprache führt zwar nicht zu Missverständnissen, bewirkt jedoch einen extrem fremdsprachigen Akzent.

/tang/   „eng“              /sang/  „Stein“

/ğang/   „Krieg“           /yek/    „eins“

  • Vor dunklen Vokalen ist die Palatalisierung zum Teil verloren gegangen, so dass hier velar realisiert wird.

/xªk/  „Erde“            /pªk/  „sauber“

  • Ein Velar wird gebildet, indem der hintere Zungenrücken entweder am weichen (hinteren) Gaumen bzw. am Gaumensegel (Velum palatinum) einen vollständigen Verschluss bildet (Buchstaben <k>, <ck>, <g> ) oder sich dem weichen (hinteren) Gaumen bzw. dem Gaumensegel stark nähert (Buchstabenkombination <ch> )

5.6  /h/ im Persischen und Deutschen

Dieser Laut könnte ebenfalls Schwierigkeiten bereiten. Pashto- und auch Dari-Sprecher haben bisweilen durch noch andere Einflüsse in ihren Regionalsprachen, Schwierigkeiten, den Laut im Anlaut von Wörtern und Silben zu sprechen. Dem ist für Persischsprachige nicht so. Im Auslaut wiederum sprechen wir im Deutschen kein /h/, wiederum aber im Persischen. Der Laut /h/ (wie in dt. Haus) ist ein gespannter, glottaler regressiver Verschlusslaut, der bei Verschluss und plötzlicher Öffnung der Stimmlippen (siehe Kehlkopf) entsteht. Im Auslaut klingt er wie ausgehaucht.

Inzwischen habe ich die Mitarbeit am Lehrwerk „Wir sprechen Persisch“ gekündigt. In meinem damaligen Khorshid Verlag habe ich nicht unwesentlich den Grundstein zu einem recht beachteten Persischlehrbuch für Deutsche mitgelegt. Leider hatte der Denkberechtigungsschein ein Haltbarkeitsdatum und als das abgelaufen war, wurde es Zeit für den Rückzug.


6.  Literatur

Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft. 4. Aufl., Verlag Kröner, Stuttgart, 2008; ISBN 3-5204-5204-9

Mohammad-Reza Majidi, Einführung in die arabisch-persische Schrift, 3. Auflage 2006. XVI, 130 Seiten und 1 Falttafel. ISBN 978-3-87548-470-0

Mohammad-Reza Majidi, Laut- und Schriftsystem des Neupersischen, 2000. XVI, 233 Seiten, ISBN 978-3-87548-206-5

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