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SEHER UND WARNER?

„Die Freiheit der Presse im Westen ist letztlich die Freiheit von 200 reichen Leuten ihre Meinung zu veröffentlichen.“ – Peter Scholl-Latour

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Peter Scholl-Latour

9.3.1924, 12.00 MEZ, Bochum

Eine Welt in Auflösung. – Der Fluch des neuen Jahrtausends. – Die Angst des Weißen Mannes. – Weltmacht im Treibsand. – Der Fluch der bösen Tat. – Die Welt aus den Fugen. – Würden Sie diese Bücher lesen wollen?

Er ist annähernd desgleichen Jahrgangs wie Deleuze. Beide schreiben … der eine als Linguist und Philosoph, der andere – bekannt in der Öffentlichkeit – als Berichterstatter und Journalist Bücher. Auch sind beide im Verbund Fische-Wassermann-Steinbock beheimatet – doch ihre Anliegen sind verschieden.

Der eine will (oder muss?) das entfügte Gefügte (was frei und nomadisch werden lässt) auf einen neuen Weg der Organisation von Systemen (die schließlich in ein unter der Oberfläche verlaufendes Geflecht des 2. Hauses münden) bringen. Er fügt dabei nicht, sondern schafft neue Regelungen. Der andere wird von Anbeginn an Zeuge der Entfügung, während er den immer noch laufenden Prozess beschreibt. Er versucht, den Ursachen auf den Grund zu gehen, sucht eine Aussteuerung, ohne jedoch ein Modell zu erschaffen, und hört nicht auf, zu beschwören, was geschehen wird.

Vom ersten wissen wir den Aszendenten: Es ist der Skorpion, mit einem MC in der Jungfrau, einem Neptun in 9 und einer Steinbock-Sonne in 2. Vom zweiten kenne ich lediglich den Geburtstag, nicht aber die Geburtsstunde, weswegen die Häuserverteilung, die ich hier vornehme, auch eigentlich noch verifiziert werden muss. Der Jungfrau-AC im unten stehenden Horoskop ist nur eine Annahme meinerseits und unbestätigt.

Bevor ich in die Verbund-Deutung gehe, sei ein kurzer Abschnitt zum Wort „Fug“ und dem Verb „fügen“ erlaubt. Im Kurzen deutschen Wörterbuch für Etymologie (Friedrich Schmitthenner) findet sich zweierlei: 1. Der Fug (vom ahd. vuoc) ist die Angemessenheit, in späterer Bedeutung wird es zu Recht, besonders in sittlichen Belangen. Daher stammt die Ableitung: jemanden zu etwas befugen. 2. Die Fuge, ahd. diu vuoka, fügen = vuokan: zusammenpassen, anordnen, anfügen. Die Fuge taucht in modernen Wörtern auf, tatsächlich als die Fuge zwischen zwei Kacheln oder Platten, in der Musikterminologie (Fugen v. Bach), der Fug steckt immer noch in Unfug, und einigen anderen.

9.3.1924, 17:24 Uhr, Bochum (angenommen - nicht überprüft)

9.3.1924, 17:24 Uhr, Bochum Uhrzeit angenommen – nicht überprüft)

In der Münchner Rhythmenlehre ist die Fügung bzw. der Vorgang des Fügens eine Angelegenheit des Schützen, des Jupiters und des 9. Hauses. Er fügt (vereinheitlicht) verschiedene Anschauungen, verschiedene Bauelemente zu einem Gefüge – in dem charakteristischerweise viele verschiedene Dinge zusammen ein neues „Gebilde“ ergeben („das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“). Über den Weg aus dem 12. Haus heraus trägt jeder Mensch bestimmte Gestalten in die Gegenwart seines 7. Hauses. Er bringt Potentiale mit (mehr oder weniger klar und deutlich, verhindert oder frei) und „wandelt“ sie im Gang durch die Häuser 11 bis 8 auf dem Erlebensweg „um“. Im besten Falle gelingt ihm dies. 

Auf diesem Weg gelangt das Ungeschehene oder aber auch bis jetzt noch Ungewordene bzw. wieder Entwordene ins 11. Haus, an dessen Spitze es geteilt wird: in Raum und Zeit. Es entspringt als Neues – kommt hier zu seinem Ursprung. Der Weg der Aphrodite heißt bei Döbereiner auch der Fügungsrhythmus, eben weil dieses Geteilte nunmehr seiner Bestimmung gemäß (Spitze 10. Haus) über den MC in das 9. Haus hineingefügt wird. 

Bei Deuleuze war es der aus der Zeit gefallene Saturn – die versunkene Bestimmung (eines Modells?) – die auf den Mond in 9 geworfen wurde und zum Ausgangspunkt der Angst der Ungeborgenheit, das Unvertrauen in das eigene Empfinden wurde. Den vorgefundenen Regelungen konnte nun nicht mehr vertraut werden. Über den MC wurden ins 9. Haus hinein die Regelungen (Merkur-Venus alias Saturn-Uranus) als Blockaden erkannt und aufgehoben. Neptun in 9 im Löwen. Mit diesem Ist-Stand als Ausgang bestand für ihn die Notwendigkeit, aus der Vorstellung heraus einen neuen „Katalog“ an Regelungen zu erstellen, was er mit der Sonne in 2 auch real tat. Er fügte neue Figurationen.

Auch PSL hat den Neptun im Löwen – aber seine Sonne steht im Ausgangszeichen des Verbundes des IV. Quadranten. Sein Standort befindet sich mitten in der Auflösung dieser Lebenswelt. Bei seiner Sonne steht der Uranus – Herrscher des Durchführungszeichens Wassermann – da gehen die Alarmglocken an, denn der Uranus bei der Sonne (vorgeburtlich die Lebensbedrohung während der Schwangerschaft) bedeutet Beunruhigung (das bewusste Verhalten wird durchbrochen) bis hin zu Platzangst, und Nervösität. Man trinkt viel Kaffee, kompensiert die Unruhe mit hektischen Berufen, bei denen man seine Zentrumsflucht leben kann. Sonne-Uranus ist auch verantwortlich für die Suche nach Reizzuständen, und für die Flucht in Situationen, in denen man sich überlegen fühlen kann.

Das Endzeichen Steinbock deponiert seinen Saturn in den Skorpion – und der steht in Opposition zu Mond-Venus im Stier. Mond im Stier (obwohl nur auf unterer Ebene zum Verbund gehörend) sucht Sicherheit und Beheimatung in der Gemeinschaft.  Er liebt gutes Essen, sammelt gerne, ist eher bewahrend. Die Widder-Venus trägt den Aspekt einer Unvereinbarkeit: richtungslose Energie (Mars bzw. Widder als Zeichen der noch formfreien Energie) wird ausgebremst und „domestiziert“. Das geht mit einer Blockade der Energie einher. Saturn in Opposition dazu spricht von einer Mäßigung bis hin zu Mangel in genau diesen Belangen: ein Fehlen an seelischer Sicherheit, ein Mangel an Akzeptanz und Teilnahme an Kollektiven, man wird als fremd beäugt, wird eingelassen – hat aber eine Funktion zu erfüllen, quasi als Gegenleistung – Liebe als Pflicht.

Im Steinbock steht der Mars. die zur Verfügung stehende Energie ist widerstandsorientiert – der Wille zur Zugehörigkeit ist stark, man arbeitet gegen harte Konkurrenz, und auch gegen die Blockade im eigenen Energiehaushalt. 

Was aber hat der Mann nun in die Welt getragen, worüber hat er berichtet? Was hat er gelebt und wie ist es ihm damit ergangen? Da wir den MC in diesem Fall aus Unkenntnis nicht befragen können, bleibt eine Spekulation – Zwillinge vielleicht? Die Kommunikation über die Bewegungen in den Begegnungen? Das Vermitteln zwischen allen Parteien, aus dem Bedürfnis heraus, verloren gegangene Maßstäbe zu ergründen? Klar ersichtlich – die Beschäftigung mit dem Islam (Stierhaftes) – Peter Scholl-Latour hat Arabistik studiert, begleitete Ayatollah Khomeini 1979 auf seinem Flug von Paris nach Teheran: In der Iranischen Revolution sah er den Anfangspunkt einer größeren „islamischen Erneuerung“, über die er u.a. in „Allah ist mit den Standhaften“ schrieb und die er als eine der großen Herausforderungen des neuen Jahrhunderts ansah. Viele sehen in Scholl-Latour auch einen Gaullisten, eher konservativ bis traditionell, und doch einer wirtschaftlichen und technischen Modernisierung nicht abgeneigt.

Ausgegangen war ich vom Gefüge des 9. Hauses – um das es Deleuze wie auch Scholl-Latour zu gehen schien. Letzterer bewahrend bzw. sichernd darum bestrebt, den Auseinanderfall der alten Ordnung, die bereits in Sichtweite ist, ins Bewusstsein zu bringen. Der andere, indem er das Alte hinter sich gelassen habend einen neuen Entwurf aus der Taufe hebt. Der eine rechts, der andere links? Der eine warnt, und der andere schafft Tatsachen?

„Wer halb Kalkutta aufnimmt, hilft nicht etwa Kalkutta, sondern wird selbst zu Kalkutta!“

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